UFOP-Fachtagung „Inhaltsstoffe von Raps und Körnerleguminosen für eine gesunde und vielseitige Ernährung“
Präsentationen und Streams der Vorträge jetzt online
Berlin, 05.11.2021 – Am 2. November 2021 fand die Online-Fachtagung „Inhaltstoffe von Raps und Körnerleguminosen für eine gesunde und vielseitige Ernährung“ der UFOP statt. Die Veranstaltung bot die Möglichkeit, unterschiedlichste Aspekte heimischer Öl- und Eiweißpflanzen anhand ausgewählter Studien und Forschungsvorhaben mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Forschung sowie der Pflanzenzüchtung zu diskutieren. Die Präsentationen und Streams der Vorträge stehen nun online zur Verfügung.
Zu den Videomitschnitten und Präsentationen.
Die Themen der Tagung waren so vielfältig wie die Möglichkeiten, die Raps, Ackerbohnen, Körnererbsen & Co. in der Ernährung bieten. Am Vormittag fand eine ernährungswissenschaftliche und am Nachmittag eine lebensmitteltechnologische Sektion statt.
Professorin Elke Trautwein, Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde der Universität Kiel und Trautwein Consulting Hagen, gab zu Beginn der ernährungswissenschaftlichen Sektion einen Überblick zu aktuellen Studien zum Einfluss von Omega-3-Fettsäuren auf die Koronare Herzkrankheit (KHK). Anhand einer Meta-Analyse von 13 randomisierten kontrollierten Arbeiten zeigte sie auf, dass eine Supplementierung mit marinen Omega-3-Fettsäuren das Risiko für Myokard-Infarkte, KHK-Tod und Gesamt-KHK senkt, wobei die Risikoreduktion linear mit der Omega-3-Fettsäuren-Dosis zusammen zu hängen scheint. Darüber hinaus senken marine Omega-3-Fettsäuren die Triglyceride sowie den Blutdruck und haben weitere kardioprotektive Wirkungen. Trautwein kam in ihrem Vortrag zum Fazit, dass aufgrund ihrer zahlreichen positiven Wirkungen der Anteil an Omega-3-Fettsäuren in der Ernährung – auch der an alpha-Linolensäure als nicht-marine Vertreterin der Fettsäurenfamilie – erhöht werden solle. Dazu verwies sie auch auf die 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), ein bis zweimal pro Woche fettreichen Seefisch zu verzehren und Omega-3-Fettsäure reiche Pflanzenöle wie Rapsöl zu verwenden.
Professorin Gabriele Stangl, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Universität Halle-Wittenberg, referierte zu Protein und Ballaststoffen aus heimischen Körnerleguminosen. Im Fokus ihrer Ausführungen standen sowohl ökologische und nachhaltige als auch ernährungsphysiologische Argumente. Sie verwies dabei auch auf die Diskrepanz zwischen der aktuellen Ernährung mit einem global zu hohen Verzehr an rotem Fleisch, kohlenhydratreichem Gemüse und Eiern und der sogenannten Plenetary Health Diet. Durch eine Netzwerk-Metaanalyse konnte Stangl herausstellen, dass Leguminosen nach Nüssen die zweitbeste Lebensmittelgruppe zur Absenkung des LDL-Cholesterinspiegels sind. Darüber hinaus werden weitere kardiometabolische Parameter durch Hülsenfrüchte positiv beeinflusst. Hülsenfrüchte haben ebenfalls Potenzial für eine leichte Gewichtsreduktion über die Steigerung des Sättigungsgefühls durch den Ballaststoffgehalt. Dieser spielt auch eine positive Rolle im Hinblick auf Vorbeugung von Darmkrebs-Vorstufen. Stangl fasste zusammen, dass die vorhandene Studienlage relativ konsistent den gesundheitlichen und ökologischen Nutzen belegt und deshalb für einen höheren Leguminosenverzehr spricht.
Doktor Frank Wolter, NPZ Innovation GmbH, gab anhand der Erfahrungen im BMBF geförderten Projektvorhaben RaPEQ einen Ausblick auf Rapsprotein in der Humanernährung. Er zeigte sich überzeugt, dass die Nebenprodukte der Rapsölgewinnung, die heute in Form von Rapsschrot und Rapskuchen ausschließlich in der Tierernährung Verwendung finden, künftig in Form von hochreinen Proteinisolaten eine wichtige Rolle für die Eiweißversorgung auch der Bevölkerung in Deutschland leisten können. Hierfür ist es allerdings notwendig, den Proteingehalt der Rapssaat zu erhöhen und gleichzeitig den hohen Ölgehalt zu erhalten. Dies sowie die Reduzierung bzw. Eliminierung von geschmacksbeeinträchtigenden Inhaltsstoffen stehen im Zentrum des RaPEQ-Projektes. Dabei bieten die beiden Proteinfraktionen im Raps – Cruciferin und Napin – sowohl interessante techno-funktionelle Eigenschaften als auch einen exzellenten ernährungsphysiologischen Wert für eine große Bandbreite an verschiedenen Foodanwendungen.
Im ersten Vortrag der lebensmitteltechnologischen Sektion befasste sich Professor Bertrand Matthäus, Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide des Max Rubner-Instituts Detmold, mit AiF sowie BMEL geförderten Forschungsarbeiten zu Oleogelen aus Rapsöl und den Herausforderungen für die Lebensmittelherstellung. Ziel ist der Ersatz von Fetten mit hohem Anteil an gesättigten oder trans-Fettsäuren durch das ernährungsphysiologisch günstig zu bewertende wichtigste heimische Pflanzenöl. Matthäus ging dabei auf Einsatzmöglichkeiten bei der Herstellung von Backwaren sowie frittierten Erzeugnissen ein. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Rapsöl-Oleogele mit den Strukturbildnern Monoglyceride, Ethylcellulose und Sonnenblumenwachs erfolgreich hergestellt werden können. Die Oleogele weisen im Hinblick auf Festigkeit und Ölhaltefähigkeit von Sandkuchen auch vergleichbare Eigenschaften wie Backmargarine auf. Anwendungen für andere feine Backwaren wie z. B. Blätterteig bedürfen einer weiteren Rezepturoptimierung. In Bezug auf die Oxidationsstabilität kann die Verwendung von Rapsöl mit einem erhöhten Anteil an Ölsäure (HOLL/HOLLi/HO) Vorteile bringen. Frittieren mit rapsölbasierten Oleogelen führte bei Arbeiten im MRI zu gleichen Ergebnissen im Hinblick auf Farbe und Textur des Frittiergutes, aber zu geringeren Fettgehalten als Frittieren mit flüssigem Rapsöl. Sensorisch wurden die in Raps-Oleogelen frittierten Pommes Frites vergleichbar oder besser bewertet. Für die industrielle Umsetzung in Lebensmitteln sind jedoch noch weitere Hürden z. B. im Bereich der Deklaration oder der Zulassung von Strukturanden zu überwinden. Matthäus konnte hier aufgrund des Herstellungsprozesses aber ausschließen, dass rapsölbasierte Oleogele unter die Novel Food-Verordnung fallen.
Caren Tanger, Lebensmittel- und Bioprozesstechnik der Technischen Universität München, berichtete über ein AiF-Projektvorhaben zur Optimierung von Struktur und Sensorik fettreduzierter Lebensmittel durch Proteinfunktionalisierung und molekular-sensorischer Methoden am Beispiel der Erbse. Ziel des Vorhabens war die Verbesserung der geschmacklichen Eigenschaften fettreduzierter Lebensmittel durch den Einsatz angepasster Proteine hin zur Sensorik vollfetter Pendants, wobei die Vorteile der Reduktion im Energiegehalt erhalten bleiben. Hierfür wurde im Labormaßstab ein natives Erbsenproteinisolat hergestellt, charakterisiert, modifiziert und in ein Milchdessert eingearbeitet. Der Vergleich erfolgte dann zu einem vollfetten Milchdessert. Dabei zeigte sich, das bei der Cremigkeit das fettreduzierte und mit funktionalisierten Erbsenproteinen hergestellte Produkt ähnlich gute Eigenschaften aufwies wie das vollfette Produkt. Allerdings war beim Geschmack zunächst ein typisch erbsiges Aroma festzustellen, welches durch Gefriertrocknung des eingesetzten Proteinisolates im Herstellungsprozess des Milchdesserts unterbunden werden konnte.
Den Abschlussvortrag hielt Doktor Nino Terjung, Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik Quakenbrück, zur stofflichen und verfahrenstechnischen Konzeption veganer Wurstwaren unter Verwendung von Erbsen- und Sojaprotein. Alternativ zu klassischen Wurstwaren werden bei veganen Produkten pflanzliche Proteinfasern und Fettpartikel zerkleinert und mit einer pflanzlichen Protein-suspension vermischt. Dem schließt sich die technologische Transformation entweder durch Trocknen, Fermentieren/Säuern und Räuchern bzw. Brühen und Räuchern zur Erzeugung von schnittfesten Roh- bzw. Brühwurstalternativen an. In den Arbeiten des AiF-Vorhabens hat sich gezeigt, dass für die Herstellung von Brühwurstalternativen im Hinblick auf die gewünschte Struktur eine Netzwerkausbildung aus Protein und Polysacchariden empfehlenswert, wobei die Emulgierung von Fett/Öl schwierig bzw. nicht zwingend notwendig ist. Die Salzzugabe bei der Herstellung lag dabei unterhalb der von klassischen Brühwürsten. Eine analog zur Brühwurst im AiF-Projekt entwickelte Rezeptur für eine vegane Rohwurstalternative konnte in ein heute im Lebensmittelhandel angebotenes Produkt überführt werden.