Raps kostet weniger als Heizöl
Ab Freitag dieser Woche besuchen in den kommenden zehn Tagen wieder zigtausend Besucher die Internationale Grüne Woche in Berlin und lassen es sich schmecken. Dabei schätzen sie die Vielfältigkeit der Agrarprodukte – aber wissen sie auch, wie billig die Rohstoffe wie Brotweizen und Raps für deren Herstellung sind?
Seit Jahren bestimmt ein dramatisch niedriges Preisniveau die Erlöse bei Raps und Brotweizen. Daran hat auch das Dürrejahr 2018 nichts geändert. Wer also immer noch von einem preiserhöhenden Effekt der Biokraftstoffherstellung spricht, die Tank oder Teller-Frage aufwirft oder immer wieder die Debatte um indirekte Landnutzungsänderungen (iLUC) gegen nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe ins Feld führt, verkennt die Sachlage. Denn Heizöl ist bei weitem „mehr wert“ als Raps und Getreide. Die Preise für Energie und Agrarrohstoffe entwickeln sich sogar in entgegengesetzte Richtungen. Damit wird die Landwirtschaft zur Inflationsbremse. Die Biokraftstoff-Verwendung bleibt vielmehr ein wichtiger Absatzmarkt für Agrarrohstoffe und verhindert ein weiteres Abrutschen der Erzeugerpreise. Zunehmend wichtiger für die Preisbildung wird das bei der Biokraftstoffherstellung anfallende Rapsschrot, das als gentechnikfreies Eiweißfuttermittel in der Milchviehfütterung eingesetzt wird. Diese gentechnikfreie Fütterung ist Voraussetzung für die auch beim Verbraucher bekannte Auszeichnung auf der Verpackung „ohne Gentechnik“.
Eine zusätzliche Nachfrage zur dringend notwendigen Stützung der Preise für Raps und Getreide wäre hilfreich, ist derzeit aber nicht absehbar. Die Landwirte wollen ihr Einkommen am Markt verdienen. Eine politische Diskussion über die prekäre Marktsituation findet aber nicht statt. Weder die EU-Kommission noch die europäische Politik sind in der Lage, Marktperspektiven zu schaffen, die im Rahmen der sogenannten Bioökonomie außerhalb der energetischen Nutzung zu einer Verbesserung der Erzeugerpreissituation beitragen könnten. Im Gegenteil: mit der kürzlich in Kraft getretenen Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) wurde diese Option verpasst, beklagt die Union zur Förderung zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP). Sie fordert die Politik auf, das nachhaltig verfügbare Potenzial an Anbaubiomasse zur Kraftstoffnutzung in den Beratungen für eine nationale Klimaschutzstrategie im Verkehrssektor zu berücksichtigen. Die 2015 in Deutschland eingeführte Treibhausgas-Minderungspflicht hat sich als Steuerungsinstrument grundsätzlich bewährt und wird auch in der EU anerkannt. Denn sie wird in der RED II erstmals als Regelungsoption ausdrücklich aufgeführt. Nun gilt es, diese Minderungspflicht nach 2020 weiterzuentwickeln.