Mineralöl- und Biokraftstoffwirtschaft fordert weitere Änderungen bei der nationalen Umsetzung der europäischen Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II)
In einem gemeinsamen Schreiben haben sich die Verbände BDBe, UFOP, UNITI und VDB als Vertreter der Biokraftstoffwirtschaft und der Inverkehrbringer dieser Kraftstoffe an die Bundesminister/-innen Svenja Schulze, Julia Klöckner, Peter Altmaier, Prof. Dr. Helge Braun und Andreas Scheuer gewandt, um weitere erforderliche Anpassungen bei der nationalen Umsetzung der europäischen Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) anzumahnen. Die Verbände rufen die Adressaten ihres Briefs dazu auf, bei der Umsetzung der europäischen Vorgaben neben den Klimaschutzzielen auch die Anforderungen der in der Wertschöpfungskette beteiligten mittelständischen Wirtschaftszweige im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der hiesigen Volkswirtschaft zu berücksichtigen.
Verbändeallianz mit Kritik und konkreten Vorschlägen
Weder der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) vom September 2020 noch die kürzlich bekanntgewordene Einigung der Staatssekretäre der fachlich zuständigen Bundesministerien vom 18.12.2020 stellen sicher, dass die ambitionierten Treibhausgasminderungsziele im Verkehrssektor erreicht werden können. Zu diesem Schluss kommen der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft e.V. (BDBe), die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (UFOP), UNITI Bundesverband der mittelständischen Mineralölunternehmen e.V. sowie der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V. (VDB) nach Analyse der Eckpunkte zur nationalen Umsetzung der RED II.
Konkret fordert die Verbändeallianz deshalb, dass Ladestrom für die Elektromobilität - anders als in den Plänen des BMU vorgesehen - nicht auf die Treibhausgasminderungs-Quote (THG) angerechnet werden soll. Eine solche Anrechnung wäre sachwidrig, denn die THG-Quote soll per Definition der tatsächlichen Minderung der Treibhausgasemissionen von Kraftstoffen dienen. Die Pläne des BMU gehen sogar noch weiter und sehen eine mehrfache Anrechenbarkeit vor, die einen allenfalls rechnerischen, aber keinen realen Klimaschutz bewirkt. Das würde dazu führen, dass die ohnehin staatlich massiv geförderte E-Mobilität den größten Anteil bei der Quotenerfüllung stellen würde. Damit würden bereits heute am Markt verfügbare, nachhaltigkeitszertifizierte und langjährig bewährte nachhaltige Biokraftstoffe aus dem Markt gedrängt sowie der Markthochlauf aussichtsreicher und ebenfalls klimaneutraler Alternativen, wie E-Fuels oder Wasserstoff, verhindert.
UNITI e.V.: „CO2-Luftbuchungen werfen Klimaschutz zurück, statt ihn voranzubringen“
Für UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V. resümiert Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn: „Die vorliegenden Pläne des BMU zielen erkennbar darauf ab, die E-Mobilität mit der Brechstange durchzusetzen. Dass man dabei bewährte sowie vielversprechende neue Alternativen, die tatsächlich CO2-Emissionen einsparen würden, aus dem Markt drängt oder verhindert und stattdessen etwa mit der Mehrfachanrechnung von Ladestrom lieber auf CO2-Luftbuchungen setzt, die den Klimaschutz real eher zurückwerfen, statt ihn voranzubringen, ist äußerst bedauerlich. Die von unserer Verbändeallianz angeschriebenen Bundesministerinnen und Bundesminister sind daher dringend gefordert, gegenüber dem BMU auf eine Lösung hinzuwirken, die Klimaschutz effektiv, technologieoffen und ideologiefrei angeht.“
UFOP e. V.: Potenzial von nachhaltigen Biokraftstoffen ausschöpfen statt limitieren
Als sachlich richtigen Schritt bewertet Stefan Arens, Geschäftsführer der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) die Anhebung der Kappungsgrenze für Biokraftstoffe auf 4,4 Prozent. Die Politik müsse endlich die Vorreiterrolle der durch EU-Recht vorgegebenen und damit auch in Drittstaaten anzuwenden Nachhaltigkeitsanforderungen anerkennen. Diese wie auch die Dokumentationspflichten werde die RED II-Umsetzung verschärfen. Diese „Regelungspotenzial“ im Sinne von mehr Umwelt- und Klimaschutz als Beitrag den internationalen Wettbewerb auf den Agrarmärkten fairer zu gestalten sollte die Politik in den Blick nehmen, mit Handelsabkommen würden an dieser Stelle kaum Fortschritte erzielt.
VDB e.V.: Anhebung der THG-Quote sofort starten und gleichmäßiger gestalten
„Die auf 22% angehobene THG-Quote im Jahr 2030 begrüßen wir ausdrücklich. Allerdings sollte die Quote stärker und gleichmäßiger ansteigen - sofort, spätestens aber ab dem kommenden Jahr“, sagte Stefan Schreiber, Präsident beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie. „Zudem benötigen wir dringend eine jährliche Revision, um die Quotenhöhe der tatsächlichen Marktentwicklung anpassen zu können. Es darf nicht dazu kommen, dass die verschiedenen erneuerbaren Energieträger sich gegenseitig verdrängen.“
BDBe e.V.: Ambitionierte Klimaschutzziele im Verkehr nur mit erneuerbaren Kraftstoffen erreichbar
Die ambitionierten Klimaschutzziele sind nur erreichbar, wenn der Anteil nachhaltiger erneuerbarer Kraftstoffe im Verkehr deutlich ansteigt. „Die THG-Quote ist das geeignete Instrument, um den Verkehr schrittweise zu defossilisieren“, betont Stefan Walter, Geschäftsführer des BDBe. Biokraftstoff- und Mineralölwirtschaft benötigen aber Investitions- und Planungssicherheit, um bestehende Treibhausgasminderungspotenziale auszuschöpfen und neuartige Alternativen zu fossilen Kraftstoffen in den Markt zu bringen. „Die Bundesregierung sollte daher neben Klimaschutzzielen auch eine umfassende und langfristige Kraftstoffstrategie formulieren und dabei auch höhere Beimischungen erneuerbarer Kraftstoffe regulatorisch ermöglichen“.