Interview mit Wolfgang Vogel, Vorsitzender der UFOP, zur aktuellen Beschlusslage des EP zur Änderung der EU-Biokraftstoffpolitik
1. Was ist das geringere Übel für den deutschen Rapsanbau: Die Begrenzung von 6% Biokraftstoffe am EU Transportsektor oder der Aufschub für iLUC-Faktoren bis 2020?
Für mich gibt es in dieser Diskussion eigentlich kein „entweder oder“, da die UFOP die Vorschläge insgesamt negativ bewertet. Aber wenn Sie mich so konkret fragen, sind die Folgen der Einführung von iLUC-Faktoren wesentlich gravierender. Der beschlossene Deckel von 6% für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse wie z. B. Raps liegt unter den von uns und COPA-COGECA geforderten 8%. Wir haben uns an der ohnehin durch die Dieselkraftstoffnorm gesetzte Begrenzung der Zumischung von max. 7% orientiert und zugleich die Doppelanrechnung von Biodiesel aus Abfällen berücksichtigt. Insofern hat das Europäische Parlament mit Blick auf den Kommissionsvorschlag in Höhe von 5% bzw. 5,5% im Lepage-Bericht einen nach oben korrigierten Kompromiss beschlossen. Der zeitliche Aufschub für die Einführung von iLUC-Faktoren ist äußerst wichtig, weil diese Frage nicht allein die Biokraftstoffpolitik betrifft. Die iLUC-Hypothese differenziert nicht nach der Endverwendung des angebauten Rohstoffs. Eine Ursache-Wirkungsbeziehung zwischen der EU-Biokraftstoffpolitik und dem konkreten Umfang an Rodungen auf Urwaldflächen konnte wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden. Richtigerweise hat das Europäische Parlament daher die iLUC-Faktoren aus der Erneuerbare Energien-Richtlinie gestrichen und über den Zeitraum der Berichterstattung zugleich eine intensive wissenschaftliche Prüfung unter Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftskreise beschlossen. Aus Sicht der UFOP führt auch eine freiwillige oder gesetzliche Vorgabe zur Extensivierung des Anbaus zu einem iLUC-Effekt, weil der hiermit einhergehende Minderertrag an anderer Stelle kompensiert werden muss. Hier wird die UFOP eine Grundsatzdiskussion anstoßen.
2. Wie bereiten Sie für Biodiesel eine Zukunft nach 2020?
Das Thema nachhaltige Energieversorgung bleibt auf der Tagesordnung, weil der Kraftstoffbedarf zwar nicht in der EU, aber dafür in Asien und Südamerika erheblich gesteigert wird. Mit den beiden Biokraftstoffrichtlinien hat die EU-Kommission innerhalb kürzester Zeit Anforderungen an den Nachweis der Rohstoffherkunft und an die Zertifizierung auf der Erzeugerstufe geschaffen, die auch in Drittstaaten beachtet werden müssen, wenn sie in die EU exportieren wollen. Dies hat die Umweltpolitik in Jahrzehnten nicht geschafft! Ich gehe davon aus, dass bis 2020 auch der Politik klar sein dürfte, was umweltpolitisch auf dem Spiel steht, wenn sich die EU vom Biodiesel verabschieden würde. Das EP hat ja gerade bei den Zertifizierungsanforderungen Druck auf die Kommission aufgebaut, die Qualität der von der Kommission zugelassenen Zertifizierungssysteme sowie die Qualität der Umsetzung in Drittstaaten zu prüfen. Die UFOP hat gerade an dieser Stelle gegenüber den Europaabgeordneten die grundsätzliche Bedeutung der Biokraftstoffpolitik betont. Ich denke, unsere Botschaft ist angekommen.
3. Wie motivieren Sie Landwirte Raps weiterhin anzubauen?
Die beste Motivation ist natürlich der Erzeugerpreis. Aufgabe der UFOP ist es, mithilfe von Projektförderung und Öffentlichkeitsarbeit die Wirtschaftlichkeit von Raps als vielfältige Rohstoffquelle im Food-, Feed- und Non-Food-Bereich auf ein möglichst breites Fundament zu stellen. Der soeben erschienene Jahresbericht vermittelt einen Einblick in unsere Aktivitäten. Raps ist die einzige Blattfrucht, die in Deutschland flächendeckend angebaut wird. Der hohe Vorfruchtwert und andere Vorteile (Gesundungsfrucht in Getreidefruchtfolgen, Brechen von Arbeitsspitzen, Diversifizierung des Risikos usw.) sind bei den Bauern bestens bekannt. Insofern bedarf es keiner besonderen Motivation.
3.1 Zusatzfrage: Wird sich das Verbot von neonikotinoiden Saatgutbeizen negativ auswirken?
Die Frage lässt sich heute für den deutschen Rapsanbau nicht beantworten. In Frankreich sind die Erfahrungen sehr unterschiedlich. Wir hören von keinen bzw. geringen Verlusten bis hin zu Totalausfällen. Natürlich befürchten wir, dass mit dem Verlust der Beizung als mit Abstand effizienteste und umweltverträglichste vorbeugende Pflanzenschutzmaßnahme auch in Deutschland analoge Erfahrungen gemacht werden. Eine adäquate Behandlungsalternative steht nicht zur Verfügung. Wir hoffen, dass wir mit Unterstützung der Wissenschaft nachweisen können, dass dieses Verbot geradezu kontraproduktiv ist.
4. Warum wehren Sie sich gegen eine wissenschaftliche Prüfung der iLUC-Faktoren, die jetzt bei der EU beschlossen wurde?
Gegen diese Prüfung wehren wir uns nicht – im Gegenteil: die UFOP hat zusammen mit anderen Verbänden genau diese Diskussion angestoßen. Die UFOP hat verschiedene Studien gefördert und vor allem den Kontakt zwischen Wissenschaftlern und den Abgeordneten des Europäischen Parlaments unterstützt. Diesen Prozess werden wir gerade jetzt weiter intensiv begleiten. Wir hoffen, dass auch die Regierungen in den EU-Mitgliedsstaaten diesen Handlungsbedarf sehen und wissenschaftliche