Fette und Diabetes mellitus Typ 2
Diabetes mellitus entwickelt sich zur Volkskrankheit. Allein in Deutschland leiden über vier Millionen Menschen unter dieser Krankheit – statistisch betrachtet also jeder Zwanzigste. Seit 1961 hat sich die Zahl der Diabetiker damit mehr als verdreifacht. Unterschieden werden zwei Formen: der Typ-1-Diabetes und der Typ-2-Diabetes. Vom insulinpflichtigen Typ-1-Diabetes, dem ein absoluter Insulinmangel zugrunde liegt, sind in Deutschland circa 200.000 Menschen betroffen. Unter dem Typ-2-Diabetes leidet die größte Gruppe, nämlich etwa 3.800.000 Menschen, Zahl steigend. Da aber Diabetes, insbesondere der des Typs 2, zu Beginn der Erkrankung oftmals ohne typische Symptome verläuft, lässt sich darüber hinaus eine große Dunkelziffer nicht diagnostizierter Diabetesfälle vermuten. Naturgemäß wird in der Behandlung des Diabetikers den Schwankungen im Blutzuckerspiegel besonderes Augenmerk geschenkt, da ein dauerhaft zu hoher Blutzuckerspiegel zu schweren Folgeerkrankungen an Augen, Nieren und Füßen führen kann, während Unterzuckerungszustände schon kurzfristig zu einer Minderversorgung des Gehirns mit Glucose führen. Verwirrtheitszustände bis zur Bewusstlosigkeit sind die Folge. Immer mehr Aufmerksamkeit finden Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen. Dabei ist die kardiovaskuläre Morbidität und Letalität von Diabetikern zwei- bis sechsmal höher als die der allgemeinen Bevölkerung. Auch von Herzinfarkten mit tödlichem Ausgang sind Diabetiker vergleichsweise häufiger betroffen. Dieser manifestiert sich bei Diabetikern häufig als schmerzloser („stummer") Infarkt. Lesen Sie auf den nächsten Seiten, welchen Stellenwert die Begleiterkrankungen im Leben von Diabetikern haben und welche Empfehlungen zur Fettzufuhr und zur Fettsäurenzusammensetzung der Nahrung die europäischen und US-amerikanischen Fachgesellschaften für Diabetiker geben.
Fettstoffwechselstörungen und ihre Bedeutung
Die Mehrzahl der Hyperlipidämien resultiert aus einer Kombination erblicher und nutritiver Faktoren. Der äußerst komplexe und damit auch störanfällige Fettstoffwechsel kann von einer ganzen Reihe exogener Faktoren beeinflusst werden. Von besonderer Bedeutung ist dabei eine hyperenergetische Ernährung und daraus resultierendes Übergewicht, das häufig zu einer Hypertriglyceridämie, verbunden mit einer Hypercholesterinämie mit erhöhten LDL-Cholesterinwerten, aber gleichzeitig verringerten HDL-Cholesterinkonzentrationen führt. Eine Erhöhung des LDL-Cholesterinspiegels ist ein wichtiger Risikofaktor für die koronare Herzkrankheit (KHK). Von einem hohen Risiko ist dann auszugehen, wenn der Quotient aus Gesamtcholesterin und HDL-Cholesterin über 4 bis 5 liegt. Auch hohe Serumtriglyceride erhöhen das KHK-Risiko, vor allem in Verbindung mit niedrigen HDL-Cholesterinwerten. Unabhängig davon stellen aber auch niedrige HDL-Cholesterinkonzentrationen (< 40 mg/dl) einen weiteren Risikofaktor für KHK dar.
Fettstoffwechselstörungen bei Diabetespatienten
Typische Fettstoffwechselstörungen bei Typ-2-Diabetikern stellen erhöhte Triglyceridwerte bei gleichzeitig erniedrigten HDL-Cholesterinwerten dar. Der Serumgehalt an LDL-Cholesterin ist dabei nicht notwendigerweise erhöht, jedoch weisen Typ-2-Diabetiker häufiger einen höheren Anteil an kleineren, dichteren LDL-Partikeln mit einer erhöhten Atherogenität auf. Ebenso wie bei Nichtdiabetikern werden darüber hinaus die Serumlipidkonzentrationen von genetischen und exogenen Faktoren beeinflusst. Dabei sind bei Diabetikern zum einen häufig familiäre Hyperlipidämien anzutreffen, zum anderen ist Diabetes mellitus Typ 2 aber auch oft vergesellschaftet mit Übergewicht und Hypertonie. Das Cluster dieser Risikofaktoren für KHK wird auch als metabolisches Syndrom oder Syndrom X bezeichnet.
Endotheliale Dysfunktion und koronare Herzkrankheit
Chronische Störungen der Elastizität der Gefäßwand sind die Voraussetzungen für die Entstehung von Arteriosklerose. Die Fähigkeit zur Gefäßerweiterung stellt einen wichtigen physiologischen Anpassungsmechanismus dar. Diese Fähigkeit ist bei Patienten mit arterieller Hypertonie, Hypercholesterinämie und Diabetes mellitus abgeschwächt. Diese funktionelle Störung bezeichnet man als endotheliale Dysfunktion. Mechanische Reize sowie immunologische oder entzündliche Prozesse begünstigen ein Einwandern von Leukozyten aus dem Blutstrom in die Intima und die Bildung von arteriosklerotischen Plaques. In Abhängigkeit von der Ausprägung vorliegender kardiovaskulärer Risikofaktoren entsteht dann über Jahrzehnte eine Arteriosklerose.
Die koronare Herzkrankheit und der Herzinfarkt sind eine Manifestation der Arteriosklerose. Eine lokale Sauerstoffunterversorgung durch den Verschluss eines den Herzmuskel versorgenden Gefäßes bedingt den Untergang von Herzmuskelgewebe. Andere betroffene Organe sind das Gehirn (Schlaganfall) sowie die unteren Extremitäten.
Bedeutung der koronaren Herzkrankheit bei Diabetikern
Mindestens 50 % aller Todesfälle bei Diabetikern sind der koronaren Herzkrankheit zuzuschreiben. Typische EKG-Veränderungen fanden sich in einer Studie mit über 6.000 Diabetikern bei 15,5 % der Männer und 23,2 % der Frauen. Im Vergleich zur Normalbevölkerung wurden sie damit bei Diabetikern doppelt so häufig wie bei Nichtdiabetikern diagnostiziert.
Das Vorliegen eines Diabetes steigert zudem die KHK-Morbidität um das Zwei- bis Dreifache. In der Framingham-Studie mit einer Beobachtungszeit von 20 Jahren wiesen Diabetiker eine zwei- bis dreifach höhere Inzidenz an koronarer Herzkrankheit auf als Nichtdiabetiker. Diabetes mellitus gilt damit als ein unabhängiger Risikofaktor für KHK.
Kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz und plötzlicher Herztod treten bei Diabetikern häufiger auf. In der Whitehall-Studie lag die altersangepasste Rate der Mortalität (pro 100 Männer und 10 Jahre) an koronarer Herzkrankheit bei 6,1 für Typ-1-Diabetiker und bei 8,3 für Typ-2-Diabetiker im Vergleich zu 3,9 bei Nichtdiabetikern.
Der Herzinfarkt weist eine erhöhte Komplikationsrate und Sterblichkeit noch im Krankenhaus sowie eine schlechtere Prognose nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auf.
Die häufig schon früh zusätzlich bestehende kardiovaskuläre autonome diabetische Neuropathie erklärt die erhöhte Anzahl „stummer“, schmerzloser Herzinfarkte beim Diabetiker im Vergleich zum Nichtdiabetiker.
Entgegen dem allgemeinen Trend der letzten Jahrzehnte konnten bei Diabetikern keine deutlichen Reduktionen von Morbidität und Mortalität der koronaren Herzkrankheit und deren Folgen wie Herzinfarkt und Herzinsuffizienz beobachtet werden.
Modifikation der Lipoproteine durch Ernährungsintervention
Fettsäuren wirken unterschiedlich auf den Stoffwechsel der Lipoproteine und können so das kardiovaskuläre Risiko unterschiedlich beeinflussen.
• Gesättigte Fettsäuren (SFA = Saturated Fatty Acids) mit weniger als 12 C-Atomen wirken neutral. Drei gesättigte Fettsäuren zeigen LDL-steigernde Wirkung: Laurinsäure (C 12:0), Myristinsäure (C 14:0) und Palmitinsäure (C 16:0). Auf diese drei Fettsäuren entfällt mit 30 bis 60 g der weitaus größte Anteil der täglichen Aufnahme an gesättigten Fettsäuren in Deutschland. Die Stearinsäure (C 18:0) führt dagegen nicht zu einem Anstieg des LDL-Cholesterins, allerdings bewirkt sie einen leichten Abfall des HDL-Cholesterins.
• Trans-ungesättigte Fettsäuren wirken sich besonders ungünstig auf die Serumcholesterinwerte aus: Sie haben LDL-steigernde und HDL-senkende Wirkung.
• Ungesättigte Fettsäuren senken prinzipiell den Serumcholesterinspiegel. Dabei wirken einfach (MUFA = Monounsaturated Fatty Acids) und mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFA = Polyunsaturated Fatty Acids) ähnlich. Allerdings muss unterschieden werden, ob ungesättigte Fettsäuren im Austausch gegen gesättigte Fettsäuren oder gegen Kohlenhydrate eingesetzt werden.
– Im Austausch gegen Kohlenhydrate wirkt die einfach ungesättigte Ölsäure (C 18:1) LDL-senkend und HDL-steigernd. Die mehrfach ungesättigte Linolsäure (C 18:2) senkt das LDL etwas stärker, wirkt aber weniger HDL-steigernd als die Ölsäure. Beide senken zudem bei Patienten mit Hypertriglyceridämie den Triglyceridspiegel.
– Im Austausch gegen gesättigte Fettsäuren wirken MUFA wie PUFA LDL-senkend. Bei monoensäurereichen Kostformen kommt es, im Gegensatz zu Kostformen, die reich an Polyensäuren sind, zu keiner nennenswerten Absenkung des HDLs.
• Oxidierte LDL-Partikel begünstigen die Entwicklung der Arteriosklerose. Eine MUFA-reiche Kost führt, im Gegensatz zu einer PUFA-reichen, zu besonders stabilen, wenig oxidationsanfälligen LDL-Partikeln. (Näheres dazu in der Ausgabe 4 der Rapsöl Information.)
• Omega-3-Fettsäuren wirken stark senkend auf erhöhte Triglyceridwerte. Die Alpha-Linolensäure (C 18:3) ist die wichtigste Omega-3-Fettsäure in Pflanzen. Aus ihr werden die längerkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) gebildet, die weitere kardioprotektive Wirkungen haben.
Omega-3-Fettsäuren und KHK
Omega-3-Fettsäuren haben neben der Beeinflussung der Blutlipide weitere protektive Wirkungen bei kardiovaskulären Erkrankungen:
So senken Omega-3-Fettsäuren zum einen Risikofaktoren für die koronare Herzkrankheit und steigern zum anderen schützende Faktoren. Zum Beispiel reduzieren Omega-3-Fettsäuren erhöhte Fibrinogenspiegel und vermindern die Konzentration bestimmter Gerinnungsfaktoren im Blut. Dies führt zu einer Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes.
Sowohl Omega-3- als auch Omega-6-Fettsäuren sind Vorstufen von Gewebshormonen. Dies sind lokal wirksame Hormone, die sowohl gefäßerweiternd als auch gefäßverengend wirken können. Auch auf entzündliche Prozesse und das Zusammenballen von Blutplättchen können sie fördernd oder hemmend wirken. Mit diesen Eigenschaften können Gewebshormone wie Thromboxane und Prostazykline die Arterioskleroseentstehung fördern oder hemmen. Eine erhöhte Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren verschiebt die Bildung der Gewebshormone zu Gunsten gefäßerweiternder und entzündungshemmender Wirkungen. Omega-3-Fettsäuren wirken direkt antiarrhythmisch am Myokard.
Veränderung des Verhältnisses von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren
Wie mehrfach gezeigt, kommt es bei der Beeinflussung der Gewebshormonsynthese nicht allein auf die vermehrte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren an, sondern vielmehr auf das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren in der Nahrung. Während Grönländer mit ihrem hohen Verzehr an fettreichen Kaltwasserfischen ein Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren von 1:1 bis 1:4 realisieren, bewegt sich das Verhältnis in den meisten westlichen Industrieländern zwischen 1:20 und 1:30.
Empfehlungen zur Fettzufuhr und -zusammensetzung in der Ernährung von Diabetikern
Die American Diabetes Association (ADA) empfiehlt Diabetikern, besonders die Aufnahme gesättigter Fettsäuren (< 10 % der Gesamtenergie) und die Aufnahme von Cholesterin aus der Nahrung (< 300 mg/d) zu beschränken. Diese Empfehlungen werden abgeleitet aus Studien an Stoffwechselgesunden, da Studien zur Wirkung bestimmter Fettsäuremuster auf die Lipidspiegel für Diabetiker nicht vorliegen. Bei Bestehen einer schweren Hypertriglyceridämie wird zu Omega-3-Fettsäuren in Form von Supplementen geraten. Alternativ werden zwei bis drei Portionen Fisch wöchentlich empfohlen, wohingegen pflanzliche Quellen für Omega-3-Fettsäuren nicht erwähnt werden.
Die European Association for the Study of Diabetes (EASD) berücksichtigt in ihren Ernährungsempfehlungen 2000 die Erkenntnisse über die Rolle der ungesättigten Fettsäuren stärker, als dies die US-amerikanische Fachgesellschaft tut. Die Empfehlungen zur Fettzufuhr entsprechen dabei weitgehend den D-A-CH-Empfehlungen für Stoffwechselgesunde. Insgesamt wird für Diabetiker ein Fettgehalt von 25 bis 35 % der Gesamtenergiezufuhr empfohlen, wobei einfach ungesättigte Fettsäuren 10 bis 20 % der Gesamtenergie ausmachen sollten. Die Aufnahme gesättigter und trans-ungesättigter Fettsäuren wird auf unter 10 % der täglichen Gesamtenergie begrenzt, bei erhöhtem LDL-Cholesterinspiegel wird eine noch geringere Zufuhr von weniger als 7 % der Gesamtenergie angestrebt. Dies begründet die EASD ausdrücklich mit der hohen Rate koronarer Herzkrankheiten bei Diabetikern und der ungünstigen Wirkung dieser Fettsäuren im Fettstoffwechselgeschehen. Die Begrenzung der Aufnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf unter 10 % der täglichen Gesamtenergie basiert auf möglichen unerwünschten Effekten erhöhter Lipidoxidation und reduzierter HDL-Spiegel, die mit einer höheren Aufnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren vergesellschaftet sind. Die nutritive Cholesterinaufnahme sollte nach den Empfehlungen der EASD 300 mg täglich nicht überschreiten und bei erhöhtem LDL-Cholesterinspiegel weiter gesenkt werden.
Zur Umsetzung dieser Ernährungsempfehlungen weist die EASD auf den hohen Gehalt an Monoensäuren von Raps- und Olivenöl hin. Die EASD rät Diabetikern nicht, Omega-3-Fettsäuren durch Supplemente aufzunehmen, sondern weist auf die natürlichen nutritiven Quellen für Omega-3-Fettsäuren hin. Dies sind neben Meeresfisch pflanzliche Quellen wie zum Beispiel Rapsöl.
Rapsöl – zur Umsetzung der Empfehlungen für die Fettzufuhr bei Diabetikern
Nicht nur für Gesunde, wie in den D-A-CH-Referenzwerten ausdrücklich erwähnt, sondern gerade auch für Diabetiker ist Rapsöl geeignet, die Ernährungsempfehlungen im Hinblick auf die Fettsäurenzusammensetzung umzusetzen. So enthält Rapsöl nicht nur überwiegend einfach ungesättigte Fettsäuren (62 g in 100 g Öl) und wenig gesättigte Fettsäuren (7 g pro 100 g Öl). Es liefert außerdem ausreichend mehrfach ungesättigte Fettsäuren mit einem hohen Anteil an der Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (9 g pro 100 g Öl).
Aus dieser Zusammensetzung ergibt sich ein Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren von 2:1. Dieses Verhältnis ist einzigartig im Vergleich mit anderen Pflanzenölen, zumal alle anderen Pflanzenöle mit einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren arm an einfach ungesättigten Fettsäuren und reich an Omega-6-Fettsäuren sind. Rapsöl eignet sich damit nicht nur ideal, um, im Austausch mit anderen Fetten und Ölen, den Verzehr an einfach ungesättigten Fettsäuren zu steigern, es ist auch als einziges pflanzliches Lebensmittel in der Lage, das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren der Diät zu senken und damit über die Beeinflussung der Serumlipidspiegel hinaus kardioprotektiv zu wirken. Anders als beim zusätzlichen Verzehr von Fischmahlzeiten ist dazu außerdem keine wesentliche Änderung der Verzehrgewohnheiten der Diabetiker nötig, denn Rapsöl lässt sich leicht in der täglichen Küchenpraxis zum Backen, Dünsten und in der kalten Küche verwenden. Bereits 1,5 Esslöffel (etwa 15 g) genügen dabei, um den Bedarf an essenziellen Fettsäuren zu decken.