Vermarktungsstrategien für den landwirtschaftlichen Betrieb

Einführung

Die Globalisierung der Märkte bekommen die landwirtschaftlichen Betriebe bereits seit einigen Jahren zu spüren. Die Marktentwicklung in der EU wird auf der Angebotsseite z. B. durch nicht vorhersehbare Witterungsverläufe in den wichtigsten Sojaanbaugebieten und Nord- und Südamerika sowie in Australien, der Ukraine und Kasachstan geprägt. Auf der Nachfrageseite richtet sich der Blick auf Südostasien und Nordafrika. Ist China auf Einkaufstour oder ziehen sich die chinesischen Aufkäufer zurück? Wo kauft Ägypten Gerste und Weizen? Letztendlich werden die Preise am heimischen Markt schon lange nicht mehr durch die Marktverhältnisse vor Ort bestimmt. Stattdessen haben die Preisschwankungen aufgrund der internationalen Verflechtung der Märkte deutlich zugenommen. Abbildung 1 zeigt, dass die Rapspreise in der EU-27 seit 1999 zwischen 157 €/t und 515 €/t schwankten.

I. Die Vermarktungsplanung

Die Preisentwicklung zeigt auf, dass eine sporadische Beobachtung der Märkte und das Schielen auf den höchsten Preis gefährlich sind. Vielmehr rückt künftig eine systematische Vorgehensweise in der Vermarktung in den Vordergrund. In der Vermarktungsplanung geht es nicht um die Maximierung der Verkaufserlöse. Sondern es geht darum, dass Landwirte ihre Vermarktungsstrategien so wählen sollten, dass sie die Liquidität sicherstellen und kostendeckend wirtschaften können. Erfolgreiche Betriebe streben dabei an, ihren Vermarktungszeitpunkt so zu wählen, dass sie beim Verkauf im Durchschnitt der Jahre das höchste Drittel der Preisverläufe erreichen.

Abbildung 2 stellt die Vermarktungsplanung modellhaft dar. Sie ist ein mehrstufiger Prozess. Wichtig ist die genaue Erfassung der Ausgangssituation. Am Anfang der Betrachtung stehen deshalb die Produktionserfassung, die Lagermöglichkeiten des Betriebes sowie eine Liquiditätsanalyse.

Die Liquiditätsanalyse geht direkt in die Risikoanalyse über. Spätestens seit Basel II gewinnt sie an Bedeutung. Die Preisschwankungen auf dem Raps-, Kartoffel- und Schweinemarkt zeigen, dass Preiseinbrüche die wirtschaftliche Situation landwirtschaftlicher Betriebe gefährden können. Landwirtschaftliche Unternehmer sollten daher ihre Risikoschwelle ermitteln. Hierbei muss folgende Frage geklärt werden: Wie hoch ist die maximale Umsatzschwankung, die mein Unternehmen nicht gefährdet?

Erst nachdem die betrieblichen Einflussgrößen analysiert worden sind, wird die Entwicklung des Marktes beurteilt. Die Marktanalyse wird durch die zunehmend globalisierten Märkte schwierig. Fachpresse, Internet, Erntebereisungen, Erntegespräche des Handels etc. bieten regelmäßig Analysen über die Entwicklung der Agrarmärkte an. Hier stellt sich schnell die Frage, welcher Studie oder welchem Analysten Vertrauen geschenkt werden kann und weicht ggf. die Meinung des Unternehmers hiervon ab. Häufig werden Analysen von den Marktberichterstattern unterschiedlich beurteilt. Trotz dieser schwierigen Situation ist der Landwirt gefordert, sich eine persönliche Marktmeinung zu bilden. In Hinblick auf die Marktbeurteilung gilt auch für landwirtschaftliche Unternehmer das Zitat von Thomas Hobbes (engl. Philosoph, 17. Jhd.): „Der beste Prophet ist natürlich derjenige, der am besten vorausblicken kann, und dieser wiederum derjenige, der mit seiner Materie am besten vertraut ist, denn er hat die meisten Indikatoren, um Vermutungen anzustellen.“ Da sich in einer globalisierten Welt die Marktverhältnisse schnell ändern können, spielen bei der Wahl der Vermarktungsstrategie das Verteilen und Ausgleichen von Risiken eine zunehmende Rolle.

II. Wahl der Vermarktungsstrategie

Die eigene Marktauffassung unter Berücksichtigung der betrieblichen Einflussfaktoren bestimmt letztendlich die Vermarktungsstrategie. Ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Verkauf ist in vielen Betrieben der Zeitpunkt des Geldbedarfes. Hat zum Beispiel der Betrieb einen erhöhten Geldbedarf durch die Pachtzahlungen im September, so muss der Betriebsleiter entscheiden, ob Gerste, Raps oder Weizen verkauft bzw. eingelagert werden soll. Letztendlich stellt sich die Frage: „Bei welchem Produkt sieht der Betriebsleiter die höchsten Preissteigerungen?“

Bisher hieß Vermarktungsstrategie: Sofort verkaufen oder weiter einlagern, einige Landwirte nutzten noch Lieferoder Lagerverträge. Durch die Warenterminbörse in Paris sind beim Raps neue Vermarktungsstrategien entstanden: Direkte Preisabsicherung an der Börse oder die indirekte Nutzung der Börse bei Lieferverträgen auf Grundlage der Börsennotierungen (Prämienkontrakte). Selbst für Landwirte, die ein Terminbörsenengagement ausschließen, sind Kenntnisse über Börsennotierungen und deren Zusammenhänge zum Kassamarkt unerlässlich. Im Folgenden werden einige Vermarktungsstrategien vorgestellt:

1. Sofortiger Verkauf der Ware

Der Anruf beim Händler bzw. das Verkaufsgespräch vor Ort mit dem Außendienstmitarbeiter, in dem die Ware mit sofortiger Wirkung verkauft wird, ist die häufigste Handelsstrategie in der Landwirtschaft. Auf Basis der aktuellen Marktsituation wird ein Preis zwischen den Handelspartnern vereinbart. Der Preis richtet sich dabei nach der globalen und regionalen Entwicklung am Markt. Zwei bis drei Wochen nach der Lieferung erfolgt in der Regel eine Abschlagszahlung. Die endgültige Abrechnung und Bezahlung wird nach der Feststellung der Qualität durch ein unabhängiges Labor durchgeführt. Der Verkauf der Ware erfolgt aus Liquiditätsgründen, in Erwartung fallender Preise oder bei fehlendem Lager während der Erntezeit. Der große Vorteil dieser Handelsstrategie ist, dass dem Landwirt zum Verkaufszeitpunkt die Menge und z. T. auch die Qualität bekannt sind. Weiterhin kann er bis zum Schluss auf steigende Preise setzen. Dies ist gleichzeitig der große Nachteil, da der Preis genauso gut fallen kann. Weiterhin kann er seine Liquidität und seinen Erfolg nicht vorausplanen.

2. Lieferverträge

In der Rapsvermarktung ist der Abschluss von Lieferverträgen in der Zeit zwischen Aussaat und Ernte seit Jahren eine viel genutzte Vermarktungsstrategie. In vielen Betrieben wird bereits mehr als 50% des Rapses per Liefervertrag verkauft. Durch den Abschluss von frühzeitigen Lieferverträgen kann der Betriebsleiter einem erwarteten Erntedruck ausweichen. Stattdessen können Preishochs im Winter oder Frühjahr durch z. B. die Wettermärkte in den USA und Südamerika zum Vertragsabschluß genutzt werden. Betriebe, die aufgrund fehlender Lagerkapazitäten oder eines hohen Geldbedarfes in der Erntezeit Getreide und Ölsaaten verkaufen wollen, können durch Lieferverträge ihren Verkaufszeitraum auf bis zu 18 Monate im Voraus ausdehnen. Für Landwirte mit betrieblicher Lagerung weitet sich der Vermarktungszeitraum auf bis zu 2,5 Jahren aus. So wurden bereits im Frühjahr 2008 Lieferverträge für Mai 2010 angeboten. In Phasen steigender Preise kann es sinnvoll sein, den Raps bereits vor der Aussaat zu verkaufen. Die Grundlage für die Lieferverträge sind immer die Terminmarktnotierungen in Paris. Der Preis ab Hof errechnet sich im Streckengeschäft nach folgendem Schema:

Börsenpreis:
- Lagerkosten bis zum Erfüllungszeitpunkt des Börsenkontraktes

- Transportkosten zum Verarbeitungs-/Handels-/ Börsenplatz

- Handelsspanne für den Händler

+/- Preisabweichung durch die regionale Wettbewerbssituation

Aufgrund der Erfahrungswerte aus der Vergangenheit kennen die Landwirte die Differenz zwischen dem Börsenpreis und dem regionalen Erzeugerpreis. Dies ermöglicht den Landwirten bei einem Blick auf die Terminnotierung in Paris den Erzeugerpreis vor Ort abzuschätzen, damit ist er auf ein Verkaufsgespräch mit den Händlern vor Ort gut vorbereitet.

3. Prämienverträg

Zwischen der Landwirtschaft und den nachgelagerten Stufen von Handel und Verarbeitung gibt es viele langjährige, erfolgreiche Handelsbeziehungen. Die Harmonie wird zeitweise durch eine unterschiedliche Auffassung über die Entwicklung des Marktes getrübt. Dies führte zur Entwicklung der Prämienverträge.

3 a. Prämienverträge für Konsumraps

Bei den Prämienverträgen wird die Preisdifferenz zwischen der Warenterminbörse und dem regionalem Erzeugerpreis festgeschrieben. Diese Differenz wird als Basis (Prämie) bezeichnet. Sie beinhaltet die o. a. Faktoren: Lagerkosten, Transportkosten, Handelsspanne und die regionale Wettbewerbssituation. Das besondere bei diesen Verträgen ist, dass der Preis bei Vertragsabschluss offen bleibt. Der Landwirt hat die Möglichkeit innerhalb eines bestimmten Zeitfensters den endgültigen Verkaufspreismit demHändler festzulegen. Diese Prämienverträge haben für beide Vertragspartner Vorteile. Der Händler hat bereits die Handelsmenge in den Büchern stehen und kann damit die Auslastung der Logistik und seiner Anlagen besser steuern. Der Landwirt kann sich durch den Abschluss des Vertrages eine attraktive Basis (Prämie) sichern und gleichzeitig auf einen Anstieg des Preises weiter spekulieren. Weiterhin ist der Verhandlungsspielraum hinsichtlich Qualitäten, Trocknungs- und Aufbereitungskosten in der Vegetation und Vorerntegeschäft erheblich größer als während der Ernte.

3 b. Prämienverträge für Energieraps

Lieferverträge lassen sich ebenfalls als Prämienkontrakte gestalten. Besonders interessant ist diese Variante bei Energierapsverträgen. Mit dem Vertragsabschluss wird die behördliche Auflage erfüllt, der Preis bleibt allerdings offen. Der Liefervertrag legt fest, dass der Erzeugerpreis sich direkt vom Börsenkurs der Warenterminbörse ableiten soll. So kann z. B. ein Abschlag von 20 €/t gegenüber dem Börsenkurs, der eine fob-Notierung darstellt, festgelegt werden. Weiterhin kann vereinbart werden, dass der Landwirt den Preis bis spätestens November des Folgejahres fixiert haben muss. Der Prämienkontrakt ermöglicht somit den Landwirten seine steigende Preiserwartung in eine Vermarktungsstrategie umzusetzen.

3 c. Fremdlagerung mit Prämienkontrakten

Betriebe, bei denen kein oder zu wenig Lagerraum vorhanden ist, haben in der Vergangenheit häufig beim Handel eingelagert. Probleme traten in erster Linie bei der Preisfindung auf. Dabei war es selten rentabel, den Raps wieder auszulagern und an Dritte zu verkaufen, da in diesen Fällen die Kosten der Auslagerung häufig höher als die Preisdifferenz zwischen den Wettbewerbern war. Dieses Problem lässt sich durch die Verknüpfung von Prämienkontrakten mit Einlagerungsverträgen lösen. Durch die festgelegte Preisdifferenz erhält der Landwirt jederzeit einen fairen Verkaufspreis. Teilweise besteht auch die Möglichkeit, diese Verträge mit Abschlagszahlungen zu verbinden. Die Prämienkontrakte lassen sich auch auf Lieferverträge bei hofeigener Lagerung ausdehnen.

4. Preisabsicherung

Mit der Liberalisierung der europäischen Märkte seit Beginn der neunziger Jahre wurde der Getreide- und Ölsaatenmarkt zunehmend den Preisschwankungen des Weltmarktes ausgesetzt. Für die Marktteilnehmer von Landwirten über den Händler bis zum Verarbeiter bestand das Bedürfnis das zunehmende Preisrisiko zu mindern. Dies führte 1994 an der Matif in Paris zur Aufnahme des Warenterminhandels auf Raps.

4 a. Funktionsweise der Preisabsicherung

Im Folgenden wird das Grundprinzip der Preisabsicherung kurz erläutert (Tabelle 1). In diesem vereinfachtem Beispiel wird angenommen, dass der Kurs an der Börse dem Erzeugerpreis entspricht. Ein Landwirt entschließt sich im August den eingelagerten Raps an der Terminbörse abzusichern, da der Terminkurs für Februar seine Lagerkosten einschließlich einer kleinen Gewinnmarge deckt. Im Februar hat er zum einen die Möglichkeit, die Ware an einem Lieferort der Warenterminbörse anzuliefern, und zum anderen den Terminkontrakt durch den Kauf eines Kontraktes glattzustellen (die Lieferverpflichtung an der Terminbörse auflösen) und den Raps an den meistbietenden Händler zu verkaufen. Aufgrund der etwas höheren Lieferkosten der Terminbörse wird der Landwirt in der Regel den Rapskontrakt nicht beliefern. An Terminbörsen werden weniger als ein Prozent der Kontrakte beliefert. Das Prinzip der Preisabsicherung beruht nun darauf, dass dem Verkauf auf Terminmarkt zum Einlagerungszeitpunkt, zum Lieferzeitpunkt ein Kaufkontrakt (Terminmarkt) und der Verkauf der Ware am regionalen Rapsmarkt zum gleichen Preis gegenüber stehen, die sich ausgleichen. Diese Vorgehensweise hat damit den gleichen Effekt wie eine direkte Belieferung. Je nach Marktentwicklung setzt sich der Nettoerlös des Lagerhalters aus dem Verkaufspreis des Rapses an den Händler und aus dem Gewinn bei fallenden Preisen am Terminmarkt und aus den Verlusten bei steigenden Preisen zusammen. Als Endergebnis erhält der Landwirt das zu Beginn der Lagerperiode abgesicherte Preisniveau. In der Praxis besteht noch das sogenannte Basisrisiko. Dies wird im Folgenden erläutert.

4 b. Terminmarkt spiegelt Kassamarkt wider

Ein wichtiges Kriterium einer erfolgreichen Absicherung am Terminmarkt ist der parallele Preisverlauf zwischen den Märkten. Paralleler Preisverlauf zwischen regionalem Rapsmarkt und dem Warenterminmarkt bedeutet, dass der regionale Rapspreis in den Liefermonaten einen nahe zu gleichbleibenden Preisabstand zum Terminmarkt aufweisen muss, damit eine Absicherung am Terminmarkt möglich ist (Abbildung 3). Der Preisabstand zwischen den Märkten spiegelt die Erfassungskosten, die Lagerkosten bis zum Erfüllungszeitpunkt, die Transportkosten zum Lieferort der Börse bzw. zu den Verarbeitungsstätten für Raps und die Lieferkosten des Rapskontraktes wider. Im Idealfall würde somit in dem Moment wo der Kurs des Terminmarktes um 5 €/t steigt auch der regionale Rapsmarkt um 5 €/t steigen.

Der Preisabstand zwischen Kassamarkt und Terminmarkt, die Basis, ist in der Praxis allerdings nicht so stabil. Dies hat folgenden Hintergrund. Warenterminbörsen spiegeln die globale Entwicklung von Angebot und Nachfrage wider. Die globale Entwicklung kann sich von der regionalen Marktlage bedeutend unterscheiden. Als Beispiel ist hier die Preisentwicklung in Deutschland genannt. Deutschland hatte im Frühjahr 2004 durch die starke Nachfrage nach Biodiesel einen sehr hohen Rapsbedarf. Deshalb suchten die deutschen Verarbeiter nach der knappen Ernte 2003 europaweit Raps. Damit waren die Rapspreise in Deutschland höher als in den Nachbarländern.

4 c. Vorteile der direkten Börsennutzung

In den bisherigen Beispielen wurden Vermarktungsstrategien bei direkter und indirekter Nutzung der Warenterminbörsen vorgestellt. Es stellt sich die Frage, in welchen Fällen eine direkte Nutzung der Warenterminbörsen sinnvoll sein könnte. An Warenterminbörsen werden täglich Getreide- und Rapskontrakte welt- bzw. europaweit gehandelt. Jeden Tag treffen dort Käufer auf Verkäufer. Auf den regionalen Märkten kommt es vor, dass zeitweise kein Interesse an Handelsabschlüssen besteht. So entstehen zeitweise hohe Preisdifferenzen zwischen den regionalen Märkten und der Warenterminbörse, diese werden als Basisausweitung bezeichnet. Bei Basisausweitungen ist häufig der regionale Markt im Vergleich zum internationalen Markt z. B. aufgrund von Erntedruck unterbewertet. In dieser Situation kann dieWarenterminbörse bei fallender Preiserwartung eine Alternative sein. Der Landwirt sichert sich über einen Börsenmakler durch den Verkauf von Kontrakten an derWarenterminbörse ab. Sein Getreide bzw. Raps lagert er im hofeigenen Lager bzw. beim Handelspartner ein. Im Herbst und Winter, wenn der Druck am regionalen Markt nachlässt, löst der Landwirt seinen Warenterminkontrakt durch den Kauf eines Kontraktes auf. Parallel bietet er seinen eingelagerten Raps an den regionalen Händlern an und verkauft ihn an den Meistbietenden. Bei Raps wurden in einzelnen Jahren in der Ernte regional eine Ausdehnung der Basis von 15 bis 25 €/t auf 30 bis 35 €/t beobachtet. Im Nacherntegeschäft sank die Basis in der Regel auf das alte Niveau zurück.

Weiterhin bietet die Nutzung der Warenterminbörse erheblich mehr Flexibilität als Lieferverträge. Bei dem Abschluss von Lieferverträgen erwartet der Käufer die strikte Einhaltung des Vertrages hinsichtlich Zeitpunkt, Menge und Qualität. Bekannterweise ist die Landwirtschaft sehr stark von der Witterung abhängig. In einigen Fällen mussten Landwirte bereits Kompensationszahlungen für die fehlende Menge bzw. Qualität leisten. Bei einem Warentermingeschäft ist die Lieferung der Ware die Ausnahme. Der Warenterminmarkt ist in erster Linie ein Papiermarkt auf dem Preisrisiken gemanagt werden sollen und Kapitalanleger versuchen durch gute Informationen Geld zu verdienen. Bei einem Vertragsabschluss muss daher keine Ware geliefert werden und die Kontrakte können jederzeit wieder aufgelöst werden. Sollten sich die Verhältnisse durch Angebots- bzw. Nachfrageänderung an einem Markt grundlegend verschieben, besteht an der Börse jederzeit die Möglichkeit die Position wieder aufzulösen und damit an dem Aufwärtstrend teilzuhaben. Durch das vorzeitige Auflösen von Terminkontrakten besteht aber für den Landwirt oder Händler das Risiko, dass sich statt des erwarteten Aufwärtstrend der Markt unerklärlicher Weise wieder drehen kann.

4 d. Das Clearing

Als Nachteil bzw. als Hemmnis für die Börsennutzung wird die finanzielle Abwicklung empfunden. Bei Abschluss eines Kontraktes muss bei der Clearingbank eine Sicherheit hinterlegt werden. Für jeden Kontraktmuss der Käufer/ Verkäufer 10–15 % des Vertragswertes (Einschußmargin) bei der Clearingbank einzahlen. Terminkontrakte sind Verpflichtungen, die erst in Zukunft wirksam werden. Durch die eingezahlte Sicherheitsleistung beweist der Kontrakthalter die Bereitschaft seiner Verpflichtung nach zu kommen und damit für etwaige Verluste gerade zu stehen. Täglich erfolgt eine Bewertung der offenen Kontrakte mit der Schlussnotierung. Erzielt der Kontrakthalter einen Gewinn werden sie ihm täglich auf seinem Depotkonto gutgeschrieben. Droht dagegen am Ende des Tages ein finanzieller Verlust muss ein Kontoausgleich bis zum nächsten Tag erfolgen. Hierüber wird der Kunde vom Makler in Kenntnis gesetzt. Die Einschußmargin muss jeden Morgen auf dem Konto sein (nach Abzug des Verlustes vom Vortag), um im Falle einer Zahlungsunfähigkeit des Käufers/Verkäufers dessen Verpflichtungen abzudecken. Ist nicht genug Geld auf dem Konto werden die Kontrakte auf Veranlassung der Clearingbank zwangsweise aufgelöst.

5. Optionshandel

Ein Optionskontrakt ist ein einseitiger Kontrakt, der dem Käufer das Recht gibt, ihn aber nicht verpflichtet, eineWare oder einen Futureskontrakt zu einem festgesetzten Preis innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu kaufen oder zu verkaufen. Der Kontrakt ist deshalb einseitig, weil nur eine Vertragspartei (der Käufer) das Recht hat, Leistung zu verlangen. Falls der Käufer sein Recht ausübt, muss der Verkäufer (Stillhalter) ungeachtet des gegenwärtigen Marktpreises zum vereinbarten Basispreis seine Verpflichtung erfüllen. Der Stillhalter erhält für seine Verpflichtung eine Prämie. Bei den Optionen wird zwischen zwei Optionsarten unterschieden: Bei der Call-Option erhält der Käufer der Option das Recht etwas zu einem festgesetzten Preis zu kaufen, während bei der Put-Option der Käufer das Recht hat etwas zu einem festgesetzten Preis zu verkaufen. Im Folgenden soll aus der Vielzahl der Nutzungsmöglichkeiten und Strategien dieses Instrumentes jeweils ein Beispiel für eine Call- und Put-Option erläutert werden.

5 a. Call-Optionen

In Paris werden neben den Warenterminkontrakten auch Optionen gehandelt. Auf Basis des Optionshandels wird im Norden Deutschlands vereinzelt ein interessantes Vertragsmodell angeboten: Der Handel kauft den Raps in der Ernte zu einem Festpreis, gleichzeitig kauft der Landwirt über den Händler Call-Optionen (Kaufoption) an der Matif in Paris. Durch den Kauf der Option nimmt der Landwirt ohne Lagerrisiko und bei sofortiger Bezahlung der Ware an weiteren Preissteigerungen teil. Hierbei werden der Liquiditätsbedarf des Betriebes in der Ernte bzw. im Herbst und der Wunsch, an einem möglichen Preisanstieg teilzuhaben, kombiniert. Bei herkömmlichen Geschäften schließen sich der Verkauf der Ware und die Teilhabe an einem künftigen Preisanstieg aus. Allerdings sind Optionsprämien, die am Markt durch Angebot und Nachfrage frei ausgehandelt werden, häufig recht teuer.

So wurden im September 2008 für Optionen am Geld für Mai 2009 30 €/t bezahlt. AmGeld bedeutet, dass der Ausführungspreis dem aktuellen Schlusskurs des Warenterminkontraktes entspricht. In unserem Fall betrug der Schlusskurs für Mai 398 €/t. Unter Berücksichtigung der Optionsprämie und der Gebühren muss der Rapspreis über 429 €/t steigen, bevor der Landwirt einen Gewinn mit der Call-Option einstreichen kann. In der Ernte 1999, 2003, 2005 und 2007 haben Landwirte mit langlaufenden Optionen ihren Verkaufspreis durch Optionsgewinne erhöhen können. Letztendlich können Call-Optionen auch ohne den Besitz vonWare durchgeführt werden und zählen daher in den Bereich der Spekulationsgeschäfte.

5 b. Put-Optionen

Bei der Erwartung steigender Preise sollten Landwirte das hohe Risiko des Ölsaatenmarktes nicht aus den Augen verlieren. Die Put-Optionen (Verkaufsoption) in Paris bieten den Landwirten eine Mindestpreisabsicherung.Wenn nach dem Kauf einer Verkaufsoption der Kurs des Warenterminkontraktes fällt, erzielt der Landwirt an der Börse einen Gewinn, steigt der Kurs, sinkt der Wert der Option bzw. wird sie bei einem starken Kursanstieg wertlos. Der große Vorteil für den Landwirt besteht darin, dass er im Gegensatz zur Preisabsicherung durch Warenterminkontrakte an künftigen Preissteigerungen weiter teilnimmt. Allerdings sind die Optionsprämien im Vergleich zu einer Preisabsicherung mit einem Terminkontrakt recht teuer.

Je nach Marktlage kann die Optionsprämie stark schwanken. Im September 2008 betrug die Optionsprämie für den Augustkontrakt 2009 zum gegenwärtigen Börsenpreis (Fachbegriff „am Geld“) 33 €/t. In unserem Fall betrug der gegenwärtige Börsenpreis 400 €/t. Für den Landwirt ist die Option gewinnbringend, wenn der Kurs über 434 €/t (gegenwärtiger Börsenkurs+Optionsprämie+ Gebühr) steigt. Als „Versicherungsprämie“ hat sie ihre Funktion erfüllt, wenn der Börsenkurs unter 366 €/t sinkt (gegenwärtiger Börsenkurs-Optionsprämie-Gebühr). Die Kosten einer Preisabsicherung mit einem Terminkontrakt betragen nur 1 €/t, allerdings profitiert der Landwirt dann nicht von einem weiteren Preisanstieg.

III. Vor- und Nachteile der Vermarktungsstrategien

In der Tabelle 2 sind die Vermarktungsstrategien einander gegenüber gestellt. Es zeigt sich, dass die Strategien unterschiedlich auf Preis-, Basis- und Mengenrisiko wirken. So schaltet der Liefervertrag das Preis- und Basisrisiko bei niedrigen Transaktionskosten komplett aus. Allerdings muss der Lieferant die Vertragsmenge genau einhalten. Daher werden von vielen Landwirten nur Teilmengen der erwarteten Ernte vertraglich gebunden. So wird das Lieferrisiko durch Auswinterung, Dürre oder Insektenschäden deutlich reduziert. Dagegen steht die Strategie sofortiger Verkauf. Es besteht kein Mengenrisiko, allerdings ist der Landwirt dem Marktrisiko schwankender Preise ausgeliefert. Bei einer Preisabsicherung an der Börse kann der Landwirt/Händler sein Preisrisiko ausschalten. Bestehen bleibt das Basisrisiko, das auf die unterschiedliche Entwicklung des regionalem und des globalen Marktes zurückzuführen ist.

IV. Schlussfolgerung

Die veränderten Rahmenbedingungen auf den europäischen Agrarmärkten führen zu zunehmenden Preisschwankungen bei Getreide und Raps. Daher steigt die Bedeutung einer systematischen Vorgehensweise in der Vermarktung. Dabei hängt der Verkaufszeitpunkt sehr stark von den betrieblichen Faktoren Liquidität, Risiko und Lagerkapazitäten ab. Die Kursentwicklungen der Warenterminbörsen in Europa werden bereits heute in Vermarktungsstrategien und bei der Preisgestaltung herangezogen.

Literaturhinweise

Die Warenterminbörse Hannover – Praxishandbuch für Einsteiger und Profis
Peter Link/Peter Tillmann

Verlag Agrimedia

ISBN 3-86037-084-7

Am Warenterminmarkt handeln – Beispiele, Begriffe, Zusammenhänge
ZMP

Band 17

ISBN 3-931784-45-2