Praxisinformation: Ackerbohnen, Körnerfuttererbsen, Süßlupinen und Sojabohnen in der Rinderfütterung
Autoren
Dr. Bernd Losand
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg- Vorpommern
Dr. Martin Pries
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Dr. Herbert Steingaß
Institut für Nutztierwissenschaften, Universität Hohenheim
Prof. Dr. Gerhard Bellof
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
2. aktualisierte Auflage 2020
Einführung
Schon immer gelten Körnerleguminosen als wertvolle und anspruchsvolle Kulturpflanzen der Landwirtschaft. Neben der Auflockerung getreidereicher Fruchtfolgen leisten sie einen wichtigen Beitrag zur regenerativen N-Versorgung im Ackerbau durch die Fähigkeit zur Stickstoffbindung mit Hilfe von Knöllchenbakterien. Gefördert unter dem Aspekt einer nachhaltigeren und regionalen Landbewirtschaftung und Futterproduktion, stoßen Futtererbsen, Ackerbohnen und Süßlupinen in jüngster Zeit über den Ökologischen Landbau hinaus wieder auf ein wachsendes Interesse. Dies und die Regelungen der gemeinsamen Agrarpolitik machen sich sowohl in der Ausdehnung der Anbauflächen als auch in der züchterischen Entwicklung neuer Sorten bemerkbar.
In den vergangenen Jahren sind die heimischen Körnerleguminosen fast vom Speisezettel unserer Nutztiere verschwunden, die praktischen Erfahrungen im Umgang mit ihnen und zu ihrer Fütterungswirkung fast ebenso. Gleichzeitig gab es auch Veränderungen in der Leistungsfähigkeit unserer Nutztiere, im allgemeinen und speziellen Fütterungsmanagement und den Haltungsbedingungen. Auch die sich mit Nutztierhaltung beschäftigenden Landwirte haben sich verändert. Es wird Zeit für eine frische Sicht auf die Gebrauchsfähigkeit unserer heimischen Körnerleguminosen in der Wiederkäuerfütterung, die die altbekannten Erkenntnisse berücksichtigt und die neuen mit einfließen lässt.
In der vorliegenden UFOP-Praxisinformation wird ein Überblick über Inhaltsstoffe, Futterwert und Einsatzmöglichkeiten der Körnerleguminosen in der Fütterung der Wiederkäuer gegeben. Hierbei werden insbesondere Untersuchungen zum Futterwert der letzten Jahre berücksichtigt. In der Broschüre werden für Ackerbohnen sowohl weiß- als auch buntblühende Sorten beschrieben. Für Erbsen liegt der Betrachtungsschwerpunkt auf den weißblühenden Sorten, wobei aber auch buntblühende Sorten für die Wiederkäuerfütterung geeignet sind. Die Betrachtungen für Lupinen beziehen sich auf die Blaue und Weiße Süßlupine. Die vollfette Sojabohne ist das wichtigste Futtermittel aus heimischem (europäischem) Sojabohnenanbau.
Inhaltsstoffe und Futterwert der Körnerleguminosen
Die wertbestimmenden Inhaltsstoffe sowie die Protein- und Energiewerte für die wichtigsten heimischen Körnerleguminosen Ackerbohnen, Erbsen, Süßlupinen und Sojabohnen sind in den Tabellen 1a und 1b dargestellt. Für die meisten Inhaltsstoffe sind Schwankungsbreiten angegeben, wie sie sich aus den zusammengeführten Datensätzen verschiedener Quellen ergeben haben. Es ist zu betonen, dass die Streuung in den meisten Merkmalen recht groß ist. Daher ist anzuraten, im Einzelfall entsprechende Analysen zu veranlassen, um einen korrekten und sachgerechten Einsatz in der Fütterung zu ermöglichen.
Die in den Tabellen 1a und 1b ausgewiesenen Rohproteingehalte für die Kulturarten unterscheiden sich erheblich voneinander. Während für die Erbsen nur mittlere Gehaltswerte (ca. 20%) gefunden werden, bewegen sich Ackerbohnen mit ca. 26% und Blaue Süßlupinen mit annähernd 30 % auf einem höheren Niveau. Weiße Süßlupinen und Sojabohnen weisen mit mehr als 30 % die höchsten Rohproteingehalte auf.
Der ruminale Rohproteinabbau von Erbsen und Lupinen wurde in einer aktuellen Studie mit Hilfe einer in situ-Methode, bei der die Futtermittel in durchlässigen Polyesterbeuteln im Pansen inkubiert werden, umfassend untersucht (Seifried et al. 2016). Im Mittel von 13 bzw. 12 sortenreinen Proben ergab sich sowohl für Erbsen wie auch für Lupinen eine effektive Beständigkeit des Rohproteins (UDP) von 17 bzw. 23% für eine angenommene Passagerate von 5 bzw. 8 % pro Stunde. Während bei Erbsen die Variation zwischen den Proben sehr gering war (15 bis 19 % bzw. 20 bis 26 % für UDP5 und UDP8) war bei den Lupinen eine größere Variation zu finden (12 bis 24% bzw. 17 bis 33% für UDP5 bzw. UDP8). Eine Erklärung für diese Variation konnte bisher nicht gefunden werden. Sie bietet jedoch Ansätze für die Pflanzenzüchtung bei der Entwicklung neuer Sorten. Leider liegt kein vergleichbar aktuelles Datenmaterial für den Proteinwert heimischen Ackerbohnen vor.
Die Angaben für das UDP liegen bei ca. 20 % (DLG, 2001; CVB 2011). Entsprechend der relativ geringen UDP-Anteile, den aber nachstehend beschriebenen hohen Gehalten an Umsetzbarer Energie (ME), ergeben sich mittlere Gehalte an nutzbarem Rohprotein zwischen 150 und 190 g bzw. 165 und 200 g für Passageraten von 5 bzw. 8 % pro Stunde (nXP5 bzw. nXP8). Aufgrund der höheren Rohproteingehalte, nicht aufgrund höherer Beständigkeit des Rohproteins, liegen die Lupinen am höchsten, gefolgt von Ackerbohnen und Erbsen. Bei allen Körnerleguminosen, insbesondere bei den rohproteinreichen Arten, errechnet sich eine erheblich positive ruminale Stickstoffbilanz (RNB), was bei der Rationsplanung entsprechend zu berücksichtigen ist. Bei der Rationsplanung wird empfohlen, für ein mittleres Fütterungsniveau bei Kühen und (Mast)rindern die Werte für UDP, nXP und RNB bei einer Passagerate von 5 % pro Stunde zu verwenden. Für Hochleistungskühe mit einer Trockenmasseaufnahme über 20 kg/Tag wird die Verwendung der Werte bei einer Passagerate von 8 % pro Stunde empfohlen.
Die Angaben für das UDP liegen bei ca. 20 % (DLG, 2001; CVB 2011). Der UDP-Anteil unbehandelter vollfetter Sojabohnen dürfte in gleicher Größenordnung einzuordnen sein. Eine eigene in situ-Untersuchung bestätigt diese Annahme (Steingaß et al. 2015). Entsprechend der relativ geringen UDP-Anteile, den aber nachstehend beschriebenen hohen Gehalten an Umsetzbarer Energie (ME), ergeben sich mittlere Gehalte an nutzbarem Rohprotein zwischen 150 und 190g bzw. 165 und 200g für Passageraten von 5 bzw. 8 % pro Stunde (nXP5 bzw. nXP8). Aufgrund der höheren Rohproteingehalte, nicht aufgrund höherer Beständigkeit des Rohproteins, liegen die Lupinen am höchsten, gefolgt von Ackerbohnen und Erbsen. Da bei Sojabohnen ein erheblicher Anteil der Umsetzbaren Energie aus Fett geliefert wird, liegt hier der nXP-Gehalt – trotz hohem Rohproteingehalt – aufgrund eines geringeren Anteils an mikrobiellem Protein nur auf dem Niveau der Ackerbohnen. Bei allen Körnerleguminosen, insbesondere bei den rohproteinreichen Arten, errechnet sich eine erheblich positive ruminale Stickstoffbilanz (RNB), was bei der Rationsplanung entsprechend zu berücksichtigen ist. Bei der Rationsplanung wird empfohlen, für ein mittleres Fütterungsniveau bei Kühen und (Mast)rindern die Werte für UDP, nXP und RNB bei einer Passagerate von 5% pro Stunde zu verwenden. Für Hochleistungskühe mit einer Trockenmasseaufnahme über 20kg/Tag wird die Verwendung der Werte bei einer Passagerate von 8 % pro Stunde empfohlen.
Sojabohnen und Lupinen werden häufig einer (hydro)thermischen Behandlung (Toasten) unterzogen. Auch Ackerbohnen und gelegentlich Erbsen werden thermisch behandelt. Eigene in situ-Untersuchungen bei Lupinen zeigten eine Erhöhung des UDP-Anteils von ca. 10 %, wodurch sich die Gehalte an nXP um ca. 15g/kg erhöhen. Effekte in vergleichbarer Größenordnung sind auch bei Ackerbohnen zu erwarten, wogegen es Hinweise gibt, dass die Effekte bei Erbsen kleiner sind. Da die Effekte einer Behandlung auf die Gehalte an UDP und nXP je nach Verfahren sehr unterschiedlich ausfallen können, ist zu empfehlen, solche Produkte im Einzelfall mit geeigneten Methoden (z.B. Chemische Rohproteinfraktionierung, erweiterter Hohenheimer Futterwerttest) prüfen zu lassen. Bei Erbsen und Ackerbohnen ist eine thermische Behandlung genau abzuwägen, da es bei der Stärke zu einem Aufschluss kommen kann mit der Folge eines rascheren und umfänglicheren Abbaus im Pansen, was in der Rinderfütterung nicht erwünscht ist.
Vergleichbar mit Getreide liegen bei Erbsen die Gehalte an Neutraler Detergentienfaser (aNDFom) bei etwa 10 %. Bei Ackerbohnen und insbesondere in Lupinen sind deutlich höhere Gehalte zu finden. Es ist herauszustellen, dass diese Nährstofffraktion beim Wiederkäuer eine Verdaulichkeit von über 80 % aufweist und im Pansen überwiegend zu Essigsäure fermentiert wird. Dies kann zu einer Stabilisierung der Milchfettgehalte beitragen, insbesondere wenn gleichzeitig, wie im Falle der Lupinen, keine Stärke in die Ration eingebracht wird. Stärke findet sich dagegen in hoher Konzentration bei Erbsen (43%) und Ackerbohnen (39%). Neue Untersuchungen (Seifried et al. 2016) haben gezeigt, dass der ruminale Stärkeabbau von Erbsen relativ verzögert abläuft, so dass mit einer Beständigkeit von etwa 20 bis 30% gerechnet werden kann. Für Ackerbohnen gibt das CVB (2011) eine Beständigkeit von 20 % an. Wenn bei Lupinen und Sojabohnen der Stärkegehalt mit der polarimetrischen Methode analysiert wird, finden sich Gehalte von etwa 5 bis 10 %. Es ist anzunehmen, dass diese Werte überhöht sind und durch die Anwesenheit polarisierender Nicht-Stärke-Substanzen zustande kommen. Aus diesem Grund sind in Tabelle 1b für Lupinen und Sojabohnen die Stärkegehalte in Klammern angegeben.
Die Rohfettgehalte von Erbsen und Ackerbohnen sind mit unter 2 % unbedeutend. Wesentlich höhere Rohfettgehalte sind bei Lupinen zu finden. Diese liegen je nach Herkunft zwischen 4 und 9 %. Sojabohnen enthalten im Mittel etwa 20 % Rohfett, allerdings ist mit einer erheblichen Variation zu rechnen (14 bis 24 %). Während der Rohfettgehalt der Lupinen den Einsatz in Rationen für Wiederkäuer nicht begrenzt, leitet sich für den Einsatz von Sojabohnen eine Obergrenze ab. Dies wird in den Rationsbeispielen näher erläutert. Das Fett der Sojabohne wie auch der Lupine zeichnet sich durch hohe Anteile mehrfach ungesättigter Fettsäuren aus, dominierend ist dabei die Linolsäure. Beim Einsatz in der Milchviehfütterung ist daher mit einer Veränderung der Fettsäurenzusammensetzung des Milchfettes zu rechnen. Es ist zu erwarten, dass der Anteil an langkettigen und ungesättigten Fettsäuren, einschließlich der trans- und konjugierten Fettsäuren, zu Lasten der kurz- und mittelkettigen gesättigten Fettsäuren ansteigt. Dies ist ein in Bezug auf die Humanernährung durchaus erwünschter Effekt.
Aus den letzten Jahren liegen neue Ergebnisse von Verdauungsversuchen am Schaf mit Erbsen, Ackerbohnen und Lupinen vor. Dabei zeigt sich ein sehr einheitliches Bild. Die Verdaulichkeit der organischen Masse liegt jeweils über 90%. Die Verdaulichkeit der einzelnen Rohnährstoffe, auch der Faserfraktionen, ist durchweg sehr hoch. Daraus ergeben sich Gehalte an Umsetzbarer Energie (ME) bzw. Nettoenergie Laktation (NEL) von etwa 12 MJ bzw. 7,5 MJ/kg bei Erbsen und Ackerbohnen und 13 MJ bzw. etwa 8 MJ/kg für die Lupinen. Leider gibt es keine entsprechend umfangreichen Daten für Sojabohnen. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen aber auch hier eine hohe Verdaulichkeit der Organischen Masse (OM) von ca. 87 %. Verbunden mit dem hohen Rohfettgehalt ergeben sich Gehalte an ME bzw. NEL von 14,5 MJ bzw. 9,1 MJ/kg. Um im Einzelfall bei abweichenden Inhaltsstoffen die Gehalte an ME und NEL zutreffender berechnen zu können, sind dazu in Tabelle 1b die für die Kalkulation der ME notwendigen Verdaulichkeiten von OM, Rohfett und Rohfaser angegeben. Bei allen Kulturarten hat sich gezeigt, dass weder eine thermische Behandlung noch die Herkunft aus ökologischem oder konventionellem Anbau einen Einfluss auf die Energiewerte haben. Die Körnerleguminosen gehören damit zu den energiereichsten Futtermitteln, vergleichbar mit unbespelztem Getreide. Im Gegensatz dazu enthalten sie zugleich mindestens doppelt so viel Rohprotein, was ihren Futterwert zusätzlich heraushebt.
Bei den Gehalten an Mengenelementen weisen Ackerbohnen und Erbsen sehr geringe Calciumgehalte, vergleichbar mit Getreide, auf. Bei Lupinen und Sojabohnen liegen etwa doppelt so hohe Gehalte vor. Während Erbsen und Sößlupinen mittlere Phosphorgehalte aufweisen, liegen diese für Ackerbohnen und Sojabohnen auf einem höheren Niveau. Der Phosphor ist überwiegend an Phytin gebunden. Es ist aber davon auszugehen, dass die Phytate im Pansen durch mikrobielle Phytasen weitgehend hydrolysiert werden und der Phosphor für den Wiederkäuer verfügbar ist. Es gibt jedoch Hinweise, dass eine thermische Behandlung neben der erwünschten Reduzierung des Rohproteinabbaus auch den mikrobiellen Phytatabbau reduzieren kann. Wie die meisten Ackerfrüchte weisen auch die Körnerleguminosen zumindest auf küstenfernen Standorten sehr geringe Natriumgehalte auf.
Ein Charakteristikum der Familie der Leguminosen ist deren Gehalt an sekundären Inhaltsstoffen verschiedenster Natur. Auch die Samen unserer heimischen Körnerleguminosen zeichnen sich dadurch aus. Tannine (Gerbstoffe) finden sich in Ackerbohnen und Erbsen. Dabei ist die Sorte entscheidend für den Tanningehalt. Buntblühende Erbsen und Ackerbohnen haben höhere Tanningehalte als weißblühende Sorten, bei denen oft gar keine Tannine nachweisbar sind. Im Gegensatz zu Schwein und Geflügel, bei denen höhere Tanningehalte die Futteraufnahme und Leistung reduzieren können, sind solche Effekte beim Wiederkäuer nicht zu befürchten. Tanningehalte bis 1 %, wie sie in buntblühenden Sorten vorkommen, sind sogar eher positiv zu sehen, da sie den Abbau der Stärke und vor allem den Rohproteinabbau im Pansen etwas reduzieren und somit zu einem höheren Gehalt an UDP und nXP sowie zu einer stabileren Pansenfermentation beitragen können. Lupinen enthalten Alkaloide. Durch Züchtungsmaßnahmen („Süßlupine“) konnte der Alkaloidgehalt sehr stark reduziert werden. Die gegenwärtigen Sorten haben einen Gesamt-Alkaloidgehalt von unter 0,5 g/ kg (<0,05 % im Korn) und sind von daher ohne Bedenken in der Fütterung einsetzbar. Proteaseinhibitoren und Lektine sind in hoher Konzentration in unbehandelten Sojabohnen zu finden, aber auch in Erbsen und Ackerbohnen. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Stoffe – es handelt sich um Proteinkörper – im Pansen abgebaut und somit inaktiviert werden, so dass in dieser Hinsicht eine thermische Behandlung zur Inaktivierung nicht notwendig ist. Die Tatsache, dass Körnerleguminosen in der Wiederkäuerfütterung in unbehandeltem Zustand eingesetzt werden können, bringt erhebliche Vorteile in Bezug auf Kosten und Logistik und erleichtert wesentlich die innerbetriebliche Verwendung.
Rationsbeispiele und Einsatzempfehlungen
In der Literatur sind etliche Fütterungsversuche mit Milchkühen beschrieben, in denen Körnerleguminosen als alleinige oder aber öfter in Kombination mit anderen Proteinträgern als Eiweißquelle genutzt wurden. Die Einsatzmenge der Körnerleguminosen variierte hierbei zwischen 2 und bis zu 5 kg je Kuh und Tag. Im Vergleich zu Rationen mit Sojaextraktions- bzw. Rapsextraktionsschrot oder Mischungen aus beiden Komponenten ergaben sich in den mit Körnerleguminosen versorgten Futtergruppen keine negativen Auswirkungen auf Futteraufnahme, Milchmenge und Milchinhaltsstoffe. Demnach kommen die Autoren zum Schluss, dass Körnerleguminosen einen wertvollen Beitrag zur Deckung des Nährstoffbedarfs hochleistender Milchkühe leisten können.
Nachfolgend werden Rationsbeispiele mit Körnerleguminosen dargestellt, wobei in den Rationen Körnerleguminosen einen höheren Anteil ausmachen und damit nicht unerheblich zur Nährstoffbedarfsdeckung beitragen. Grundlage der Berechnungen sind die in den Tabellen 1a und 1b dargestellten Nährstoffgehalte. Als Grobfutter wurden Gras- und Maissilage jeweils guter Qualität im Verhältnis 1:1 auf Basis der Trockenmasseaufnahme verwendet. Zur Strukturergänzung kommen in allen Rationen 500 g Stroh je Tier und Tag zum Einsatz.
Die Tabelle 2 zeigt Teilmischrationen für eine Leistung von 25 kg ECM je Tier und Tag. Diese Rationen sind bezüglich NEL und nutzbarem Rohprotein für die genannte Leistung ausgeglichen. Die Trockenmasseaufnahme liegt zwischen 17,3 und 17,8kg je Tier und Tag. Mit Ackerbohnen und Lupinen kann der notwendige Proteinausgleich ohne weitere Proteinträger vorgenommen werden, wobei um die 4 kg eingesetzt werden müssen. Erbsen weisen deutlich weniger Rohprotein auf, so dass zusätzlich Rapsextraktionsschrot eingesetzt werden muss. Dies ist auch bei Sojabohnen erforderlich, da deren Einsatzmenge wegen des hohen Rohfettgehaltes auf 2 kg pro Kuh und Tag begrenzt werden sollte. Hier wäre die Verwendung von Sojakuchen an Stelle der Sojavollbohne vorteilhafter, da der auf etwa 10 % reduzierte Rohfettgehalt eine flexiblere Einsatzmenge erlaubt. Zur Sicherstellung der Versorgung mit Mineralien kommt ein phosphorfreies Mineralfutter in Mengen von 150 g bis 180 g je Tier und Tag zur Anwendung. Die Rationen weisen dann eine Energiekonzentration von 6,7 MJ bis 6,9 MJ NEL/kg TM bei Rohproteingehalten von etwa 150 g/kg TM auf.
Bei Leistungen oberhalb von 25kg ECM wird Milchleistungsfutter gemäß Tabelle 3 zugeteilt. Futteraufnahme und Kraftfutterzuteilung wurden gemäß den Vorgaben von Gruber et al. (2004) vorgenommen. Hinterlegt ist zudem die Laktationskurve von Kühen mit einer Jahresleistung von 9.000kg Milch. Zum Einsatz kommt ein Milchleistungsfutter mit 7,0 MJ NEL und 175 g nXP/kg, wobei je nach Leistung Mengen zwischen 1,4 und 9,5kg gefüttert werden. Die in der Tabelle dargestellten Rationskennwerte gelten für die Ration mit Ackerbohnen. Für die Rationen mit Erbsen, Lupinen oder Sojabohnen stellen sich aber vergleichbare Größenordnungen ein. Sowohl die nXP- als auch die Versorgung mit leicht fermentierbaren Kohlenhydraten und Strukturkohlenhydraten entspricht den Versorgungsempfehlungen der DLG für hochleistende Milchkühe.
Für Betriebe, die als Fütterungskonzept Totalmischrationen einsetzen, sind in der Tabelle 4 Beispielrationen für eine Leistung von 37kg ECM je Tier und Tag formuliert. Hiermit lassen sich Kühe in der ersten Laktationshälfte gut versorgen. Zu den bereits oben beschriebenen Grobfuttern werden im ersten Beispiel 4 kg Erbsen eingesetzt. Zur Deckung des nXP-Bedarfs müssen zusätzlich noch 2,8 kg Rapsextraktionsschrot eingemischt werden. Ergänzt wird die Ration weiterhin mit Melasseschnitzeln, Weizen und Mais, wovon jeweils etwa 1 kg zum Einsatz kommt. Die TM-Aufnahme beträgt 22,8 kg und die Energiekonzentration liegt bei 7 MJ NEL/kg TM. Der Gehalt an Rohprotein und nXP liegt in einer Größenordnung von knapp 160g/kg TM, woraus sich eine ausgeglichene ruminale Stickstoffbilanz ableitet. Der Gehalt an leicht fermentierbaren Kohlenhydraten und Strukturkohlenhydraten entspricht wiederum den Vorgaben der DLG zur Versorgung von hochleistenden Milchkühen. Bei einem Strukturwert von 1,4 dürfte das acidotische Risiko der Ration gering sein. In allen Rationsbeispielen (Tabelle 4) kommt ein phosphorfreies Mineralfutter zum Einsatz.
In den Rationen mit Ackerbohnen, Süßlupinen und Sojabohnen sollte geschütztes Rapsextraktionsschrot verwendet werden, weil ansonsten bei bedarfsdeckender nXP-Versorgung die RNB-Werte stark positiv sind, woraus unnötige Stickstoffausscheidungen resultieren würden. Beim Einsatz von Lupinen ergibt sich mit 7,2 MJ NEL/kg TM der höchste Energiegehalt, worin die Vorteilhaftigkeit dieser Leguminose zum Ausdruck kommt.
Wegen des höheren Rohfettgehalts der Sojabohnen ist deren Einsatzmenge auf etwa 2 kg begrenzt. Mit 46 g/kg TM wird in dieser Ration der höchste Rohfettgehalt ausgewiesen. Bei dieser Konzentration liegt die Rohfettaufnahme aber noch innerhalb der physiologischen Vorgaben, so dass eine Beeinträchtigung der Fermentationsvorgänge im Pansen nicht zu befürchten ist. Die Beispiele haben gezeigt, dass von Erbsen, Ackerbohnen und Süßlupinen 4 bis 5 kg je Kuh und Tag gut eingesetzt werden können. Bei den eiweißärmeren Erbsen sind zur Deckung des Proteinbedarfs Extraktionsschrote in Mengen von knapp 3 kg erforderlich. Rationen mit Ackerbohnen und Lupinen erfordern den Einsatz von geschütztem Rapsextraktionsschrot in einer Menge von etwa 1,5kg, um eine überhöhte Stickstoffzufuhr zu verhindern.
Wegen des hohen Fettgehalts ist der Sojabohneneinsatz auf etwa 2 kg zu begrenzen. Dies hat dann auch einen höheren Einsatz von geschütztem Rapsextraktionsschrot im Vergleich zu den Ackerbohnen- und Lupinenrationen zur Folge.
Ob aus ökonomischen Aspekten Körnerleguminosen zum Einsatz kommen sollen, muss im Rahmen von Preiswürdigkeitsberechnungen im Einzelfall geprüft werden. Hierbei benötigt man die Kosten der alternativen Futtermittel sowie deren Nährstoffgehalte. Grundlage der Berechnungen ist zunächst die Festlegung der Austauschverhältnisse. Hierbei wird berechnet, welche Mengen man von den alternativen Futtermitteln benötigt, um eine gleiche Nährstofflieferung wie aus 100kg der jeweiligen Körnerleguminose zu erzielen. In der Milchkuhfütterung gelten auf Basis der NEL und des nutzbaren Rohproteins für Weizen und Rapsextraktionsschrot die in Tabelle 5 dargestellten Austauschverhältnisse. Tabelle 6 enthält die für die Rindermast auf Basis der ME und des Rohproteins berechneten Austauschverhältnisse. Die Berechnungen erfolgen nach mathematischen Gleichungen, die auch negative Zahlen als Lösung zulassen, wie im Beispiel mit den Sojabohnen. Durch Multiplikation der Austauschmengen mit den jeweiligen Preisen ergibt sich der Vergleichspreis für die jeweilige Körnerleguminose.
Fazit
Körnerleguminosen, zu denen wir auch die heimisch angebauten Sojabohnen zählen, gehören zu den energiereichsten Futtermitteln, vergleichbar mit unbespelztem Getreide. Weder deren thermische Behandlung noch die Herkunft aus ökologischem oder konventionellem Anbau haben einen Einfluss auf die Energiewerte. Zugleich enthalten sie mittlere bis hohe Rohproteingehalte, was ihren Futterwert zusätzlich heraushebt. Jedoch sind für die meisten Inhaltsstoffe erhebliche Schwankungsbreiten angegeben. Dies ist auf Sorten-, Jahres-, Boden- und Klimaeffekte zurückzuführen. Daher ist immer anzuraten, entsprechende Analysen zu veranlassen, um einen korrekten und sachgerechten Einsatz in der Fütterung zu ermöglichen. Die Rohproteingehalte der Körnerleguminosen unterscheiden sich erheblich voneinander. Ebenso gibt es sehr deutliche Unterschiede im Stärke- wie auch Rohfettgehalt, was wegen des notwendigen Ausgleichs zur Gesamtbilanz der wertbestimmenden Inhaltsstoffe in einer Ration insgesamt die Nutzbarkeit in der Wiederkäuerfütterung bestimmt. Der sehr hohe Energiegehalt ist bedingt durch hohe Stärke- oder Fettanteile und durch die hohe Verdaulichkeit der Faserstoffe. Neuere Ergebnisse aus Verdaulichkeitsuntersuchungen an heute in der Praxis genutztem Sortenmaterial weisen auf eine höhere Verdaulichkeit der organischen Substanz und damit bessere Energiewerte hin als bisher angenommen. Unbehandelte Körnerleguminosen haben relativ geringe UDP-Anteile im Rohprotein und daher eine stark positive RNB, was bei der Rationsgestaltung zu berücksichtigen ist. Im Hinblick auf die Nutzung in der konventionellen oder ökologischen Wiederkäuerhaltung sind keine Unterschiede im Futterwert zu beachten.
Die für die Körnerleguminosen bekannten antinutritiven Substanzen sind in Bezug auf die Wiederkäuerfütterung von nachrangiger Bedeutung. Im Falle der Tannine, gerade bei den buntblühenden Ackerbohnen- und Erbsensorten, ist ihre Präsenz sogar eher positiv zu werten für die Pansenstabilität des Proteins. Süßlupinen sind ohne Bedenken in der Fütterung einsetzbar. Durch eine (hydro)thermische Behandlung (Toasten) ist eine Erhöhung des UDP-Anteils zu erwarten.
Jedoch sind die Effekte der thermischen Behandlung gerade bei den stärkereichen Erbsen bzw. Ackerbohnen abzuwägen. Hier kann das Toasten zu einem Aufschluss der Stärke und damit zu deren erhöhter Abbaubarkeit führen.
Die Nutzbarkeit der Körnerleguminosen in der Wiederkäuerration wird in erster Linie durch die Erfordernisse der Rationsoptimierung bestimmt. So ist beispielsweise bei der Erbse und der Ackerbohne der relativ hohe Stärkeeintrag zu beachten. Bei der intakten Sojabohne (Vollfettsojabohne) und in geringerem Maße bei der Lupine ist der Fettgehalt der Gesamtration im Auge zu behalten. Die antinutritiven Inhaltsstoffe führen in der Wiederkäuerration nicht zu einer Einsatzbeschränkung. Die nicht erforderliche Wärmebehandlung bringt Kostenvorteile und erleichtert wesentlich die innerbetriebliche Verwendung.
In der Literatur beschriebene Fütterungsversuche mit Milchkühen, auch im Hochleistungsbereich, denen Körnerleguminosen als alleinige Proteinquelle oder in Kombination mit anderen Proteinträgern angeboten wurden, zeigen im Vergleich zum Einsatz von Sojaschrot und Rapsschrot eine gleiche Leistungsfähigkeit. Die Nutzung der einheimischen Körnerleguminosen in der Wiederkäuerfütterung kann demzufolge bei ausbilanzierter Fütterung entsprechend den Rationsvorgaben uneingeschränkt empfohlen werden. Zu beachten ist die sachgerechte Ernte, gegebenenfalls Konservierung und Lagerung. Bei Akzeptanzproblemen sollte zunächst auch die hygienische Qualität der Leguminosen geprüft werden, da bei Kornfeuchten über 12% während der Lagerung eine Schimmelpilzbelastung nicht auszuschließen ist.
Impressum
Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V.
Claire-Waldoff-Straße 7 • 10117 Berlin
info@ufop.de • www.ufop.de
Autor:
Prof. Dr. Markus Rodehutscord
Universität Hohenheim
Erstauflage 2018
Einführung
Rapsextraktionsschrot (RES) fällt als Nebenerzeugnis bei der Gewinnung von Rapsöl durch Extraktion der Rapssaat in Ölmühlen an. Das Schrot enthält nur noch wenig Restöl. Die Jahresproduktion in Deutschland an Rapsextraktionsschrot betrug im Jahr 2017 rund 5,3 Mio. Tonnen. Rapsextraktionsschrot ist nach Sojaextraktionsschrot das bedeutendste Eiweißfuttermittel. Durch den Ölentzug werden im Vergleich zur Saat andere Inhaltsstoffe wie das Rohprotein oder die Faserfraktionen angereichert (Abbildung 1). In seiner Zusammensetzung und im Futterwert ist Rapsextraktionsschrot weitgehend konstant.
Raps enthält unerwünschte Verbindungen wie Sinapin und Glucosinolate. Früher waren die Konzentrationen dieser Stoffe so hoch, dass sie bei Einsatz in der Fütterung negative Wirkung auf Futteraufnahme und Leistung der Tiere hatten. Sinapin trug zudem dazu bei, dass es bei braunschaligen Eiern zum vereinzelten Auftreten von sogenannten Stinkeiern kam. Hennen, die einen genetischen Defekt für den enzymatischen Abbau des aus Sinapin gebildeten Trimethylamins (TMA) aufwiesen, haben diese Substanz in die Eier eingelagert.
Der heute in Deutschland angebaute 00-Raps enthält nur noch extrem geringe Konzentrationen an Glucosinolaten. Rapsextraktionsschrot ist damit zu einer begehrten und bewährten Proteinquelle in der Fütterung von Rindern und Schweinen geworden.
In der Legehennenfütterung besteht aus der Historie heraus große Sorge um das Vorkommen von Stinkeiern. Mittlerweile gibt es aber auch braunschalige Eier legende Hennenherkünfte, bei denen die genetische Veranlagung für Stinkeier nicht mehr besteht und die sogenannten Tainter (Stinkeier legende Tiere) im Bestand nicht mehr vorkommen. Die Vorbehalte gegenüber Rapsextraktionsschrot haben somit keine Grundlage mehr.
Diese Praxisinformation hat das Ziel, die neuesten Erkenntnisse zum Rapsextraktionsschrot darzustellen und daraus die Möglichkeiten zum Einsatz in der Fütterung von Legehennen abzuleiten.
Inhaltsstoffe
In Tabelle 1 sind die Gehalte an Hauptnährstoffen im Rapsextraktionsschrot im Vergleich zum Sojaextraktionsschrot gezeigt. Im Fettgehalt unterscheiden sich die Schrote kaum. Aufgrund der in der Regel sehr niedrigen Fettgehalte geht von dem Einsatz der Extraktionsschrote keine nennenswerte Beeinflussung der Fettsäuren im Eidotter aus.
Rapsextraktionsschrot enthält etwa ein Viertel weniger Rohprotein als Sojaextraktionsschrot. Hingegen ist der Gehalt an Faserfraktionen höher. Dies ist auf einen relativ hohen Schalenanteil in der Rapssaat zurückzuführen. Rapssamen und demzufolge auch das Rapsextraktionsschrot enthalten im Unterschied zu Getreide und Körnerleguminosen wenig Stärke. Verschiedene Ein- und Mehrfachzucker wurden nachgewiesen, deren Gehalte im Rapsextraktionsschrot etwas geringer als im Sojaextraktionsschrot sind.
5 Neben wertgebenden Inhaltsstoffen enthält Rapsextraktionsschrot auch die bereits genannten sekundären Inhaltsstoffe, die in größeren Mengen ungünstig wirken können und zu Begrenzungen im Einsatz führen. In erster Linie handelt es sich um Glucosinolate und Sinapin. Die bei uns seit Jahren angebauten 00-Sorten sind frei von Erucasäure und arm an Glucosinolaten.
Im Rapsextraktionsschrot-Monitoring wird von der UFOP gemeinsam mit den Fütterungsreferenten der Bundesländer und Landwirtschaftskammern seit 2005 regelmäßig überprüft, wie sich die Qualitäten der Rapsextraktionsschrote aus deutschen Ölmühlen verändern. Das Ergebnis der letzten Jahre ist in Tabelle 2 zusammengefasst. Der Wassergehalt liegt mit im Mittel knapp 12 % im unkritischen Bereich. Seit Beginn des Monitorings ist die Streubreite der Nährstoffgehalte gering. Die Glucosinolatgehalte sind auf einem niedrigen Niveau. Der durchschnittliche Gehalt lag im Mittel der Jahre 2011 bis 2014 mit 7,5 mmol/kg Rapsextraktionsschrot auf dem gewünschten niedrigen Wert. Der Schwankungsbereich ist allerdings relativ groß. Die besonders in den Jahren 2011 und 2012 gefundenen oberen Extremwerte wurden in einzelnen Partien von Importschroten aus osteuropäischen Ländern gemessen. Normale Unterschiede im Glucosinolatgehalt sind auf sortenspezifische Gehalte in der Rapssaat und auf Unterschiede im Verarbeitungsprozess in den Ölmühlen zurückzuführen.
Proteinqualität
Der Gehalt an Rohprotein ist eine wichtige Kenngröße der Futterbewertung. Für das Tier ist jedoch entscheidend, wie hoch der Gehalt an einzelnen Aminosäuren im Rohprotein ist und wie gut die Aminosäuren verdaulich sind. Für die Legehenne ist Methionin die erstlimitierende Aminosäure. Von den übrigen Aminosäuren werden insbesondere Lysin, Threonin und Tryptophan berücksichtigt. Das Verhältnis dieser Aminosäuren bestimmt in erster Linie die Qualität eines Proteins, und in Abbildung 2 sind die Gehalte – zur besseren Vergleichbarkeit auf Rohprotein bezogen – für einige Futtermittel dargestellt. Es fällt auf, dass die Konzentrationen an Methionin + Cystein sowie Threonin im Rapsprotein höher sind als im Sojaprotein, die Konzentration an Lysin hingegen geringer. Auch Weizenprotein ist relativ reich an Methionin + Cystein. Die Tryptophangehalte sind im Protein aller Futtermittel geringer als die der übrigen Aminosäuren.
Die absoluten Gehalte an Aminosäuren sind im Vergleich dieser drei Futtermittel in Tabelle 3 zusammengestellt. Entsprechend der großen Unterschiede im Rohproteingehalt unterscheiden sich auch die Gehalte an einzelnen Aminosäuren. Die Berücksichtigung dieser Unterschiede ist bei der Futteroptimierung sehr wichtig. Sojaextraktionsschrot ist reich an Lysin und weist auch etwas höhere Gehalte von Threonin und Tryptophan auf als Rapsextraktionsschrot. Rapsextraktionsschrot hat jedoch einen höheren Gehalt an Methionin + Cystein. Weizen ist mit dem hohen Gehalt an Stärke in erster Linie ein Energieträger und enthält aufgrund seines niedrigen Rohproteingehaltes auch relativ wenig Aminosäuren. Dennoch ist bei hohen Mischungsanteilen von Weizen und anderen Getreiden in Futtermischungen für Legehennen der Beitrag zur Versorgung mit Aminosäuren, insbesondere Methionin + Cystein, hoch.
Futtermittel unterscheiden sich nicht nur in den Gehalten an Aminosäuren, sondern auch in der Verdaulichkeit der Aminosäuren. Die Berücksichtigung der Verdaulichkeit wird in der Mischfutteroptimierung zunehmend wichtiger, insbesondere wenn die Rohproteingehalte gesenkt und Überschüsse vermieden werden sollen.
Aus Abbildung 3 wird ersichtlich, dass die Verdaulichkeit der Aminosäuren aus Rapsextraktionsschrot auf einem hohen Niveau ist. Insbesondere die Verdaulichkeit des Methionins ist mit 87 bis 90 % sehr hoch. Ein Vergleich mit für den deutschen Markt typischen Sojaextraktionsschroten ist noch schwierig, weil nicht genügend Verdaulichkeitsdaten vorliegen. Die Daten australischer Studien ermöglichen aber einen Vergleich mit Sojaextraktionsschrot, der in Abbildung 3 aufgenommen ist. Demnach ist die Verdaulichkeit des Methionins mit 90 % gleich hoch.
Für Lysin, Threonin und Tryptophan sind die Verdaulichkeitswerte bei Sojaextraktionsschrot um 5 bis 10 Prozenteinheiten höher. Diese Unterschiede werden bei Schroten des hiesigen Marktes vermutlich ähnlich sein. In weiteren Untersuchungen muss dies jedoch noch geklärt werden. Weizen weist ebenfalls eine hohe Verdaulichkeit der Aminosäuren auf.
Die geringere Verdaulichkeit von Lysin, Threonin und Tryptophan im Rapsextraktionsschrot hängt mit dem höheren Gehalt an Faserfraktionen und der höheren Einlagerung von Lignin zusammen. Ein Teil des Proteins befindet sich in den Zellwänden, ist von der Lignifizierung betroffen, und somit im Verdauungsprozess der Legehenne schlechter zugänglich. Zur Optimierung der Versorgung mit Aminosäuren werden der Futtermischung häufig freie Aminosäuren oder deren Analoga zugesetzt. Freie Aminosäuren sind zu 100 % verdaulich.
Energiewert
Der Gehalt an Stickstoff-korrigierter Umsetzbarer Energie (MEN) beträgt beim Rapsextraktionsschrot etwa 7,2 MJ/kg (Tabelle 3). Dieser Wert ist relativ gering und geringer als der von anderen gebräuchlichen Futtermitteln für Legehennen. Der geringe Energiegehalt ist im Wesentlichen eine Folge des hohen Schalenanteils im Rapssamen. Dieser führt zu einem hohen Anteil von Faserfraktionen mit einem hohen Grad der Lignifizierung, und diese Fraktionen können von der Legehenne kaum verdaut werden.
Phosphor und Calcium
Der Gehalt an Phosphor (P) ist im Rapsextraktionsschrot hoch (Tabelle 3). Etwa zwei Drittel hiervon liegen in Form von Phytat vor. Phytat ist die Speicherform von P in der Rapssaat und der Sojabohne. Diese Verbindung kann von der Legehenne jedoch nur schlecht verdaut werden. Für den Verdauungsprozess wird das Enzym Phytase benötigt. Dies wird weder von der Henne in ausreichendem Maß gebildet, noch ist es in den Extraktionsschroten enthalten. Etwa die Hälfte des P aus Rapsextraktionsschrot und Sojaextraktionsschrot wird von der Henne daher ungenutzt wieder ausgeschieden. Die hohen P-Gehalte bedingen aber, dass der Beitrag der Schrote zur Deckung des P-Bedarfes trotzdem groß sein kann. Eine Steigerung der Verdaulichkeit kann durch den Einsatz von Phytase als Futterzusatzstoff erreicht werden. Der Gehalt an Calcium spielt hingegen für die Versorgung der Hennen eine untergeordnete Rolle.
Ergebnisse aus Fütterungsversuchen
Es liegen einige Fütterungsversuche mit Legehennen zum Einsatz von Rapsextraktionsschrot vor. In Tabelle 4 sind Ergebnisse zusammengefasst, die unter praxisnahen Institutsbedingungen durchgeführt wurden. Schon eine ältere Arbeit aus dem Jahre 1988 zeigte ein Potenzial zum Einsatz von Rapsextraktionsschrot im Mischfutter im Bereich zwischen 10 und 20 %. Zur damaligen Zeit waren die Gehalte an Glucosinolaten noch deutlich höher als heute. Neuere Untersuchungen bestätigen diesen Einsatzbereich. Die Ergebnisse zeigen, dass bis zu einem Rapsextraktionsschrotanteil von 10 % es in keiner der Untersuchungen zu negativen Einflüssen auf die Futteraufnahme oder Merkmale der Leistung der Hennen gekommen ist.
Oberhalb eines Einsatzes von 10 % sind die Ergebnisse nicht ganz einheitlich. Ein gesicherter negativer Einfluss auf die Leistung ließ sich auch bei 15 % und teilweise darüber nicht feststellen. Es deutet sich aber an, dass die Futteraufnahme und die Eigewichte tendenziell geringer werden. Die Gründe hierfür sind unbekannt. Es könnte an den Glucosinolaten, den Faserfraktionen oder an gänzlich anderen Faktoren liegen. Ein Einsatz von bis zu 10 % kann bei entsprechendem Ausgleich des Energiegehaltes und Berücksichtigung der Aminosäuren aber sicher empfohlen werden. Einige wenige weitere Versuche aus anderen Ländern bestätigen diese Befunde. Die Versuchsdauer und das Leistungsniveau waren allerdings mit hiesigen Verhältnissen nicht gut vergleichbar, so dass die Ergebnisse aus diesen Versuchen nicht in die Tabelle 4 aufgenommen wurden.
Fütterungsversuch mit Brown Classic-Hennen
Sowohl in der Rapszüchtung als auch in der Tierzucht hat es bedeutende Fortschritte gegeben. Die Glucosinolatgehalte des Schrotes sind gemäß UFOP-Monitoring heute gering (Tabelle 2) und der Gendefekt, der beim Huhn zu einer Hemmung der Metabolisierung des Trimethylamins führt, konnte mit molekularbiologischen Techniken identifiziert und in den meisten modernen Legehybriden gemerzt werden. Somit sollte das Auftreten von sogenannten Stinkeiern ausgeschlossen sein. Um dies und die Leistungsfähigkeit von Rapsextraktionsschrot zu prüfen, kamen in einem Fütterungsversuch an der Universität Hohenheim vier Futtermischungen mit unterschiedlichem Rapsextraktionsschrotanteilen zum Einsatz (Tabelle 5a). Die Basalration enthielt kein Rapsextraktionsschrot (RES_0). In den drei anderen Rationen wurde Rapsextraktionsschrot zu 5, 10 bzw. 15 % eingemischt (RES_5, RES_10, RES_15). Der Austausch erfolgte so, dass die Rohprotein- und Aminosäurengehalte möglichst gleich waren. Die Hauptbestandteile der Rationen waren Weizen, Mais, Sojaextraktionsschrot und Luzernegrünmehl. Der Einsatz von Sojaöl wurde so kalkuliert, dass die Rationen die gleichen ME-Gehalte aufwiesen.
Es wurden 448 Legehennen der Herkunft „Lohmann Brown Classic“ in Kleingruppen zu jeweils acht Tieren eingestallt. Wegen Besonderheiten bei der technischen Ausgestaltung der Käfiganlage bildeten zwei dieser Kleingruppen eine Versuchseinheit. Die insgesamt 28 Versuchseinheiten wurden randomisiert auf die vier Behandlungen (RES_0, RES_5, RES_10 und RES_15) aufgeteilt, so dass je Behandlung sieben Wiederholungen vorhanden waren. Die Tiere wurden als Junghennen im Alter von etwa 20 Wochen zugekauft, in die Versuchskäfige eingestallt 14 und zunächst mit einem handelsüblichen Mischfutter gefüttert. Der Versuch begann, als die Herde im Mittel eine Legeleistung von 50 % erreicht hatte. Der Versuch umfasste fünf Perioden zu je 28 Tagen. Die Tiere hatten ständig freien Zugang zum Versuchsfutter und zu Tränkewasser. Die Beleuchtungsdauer betrug 14 Stunden pro Tag.
Der Versuch verlief planmäßig und ohne besondere Vorkommnisse. Die Anzahl der Tierabgänge während des Versuchs war sehr gering und ein Einfluss der Behandlung war nicht erkennbar. Das Leistungsniveau lag im Erwartungsbereich (Tabelle 5b). In den untersuchten Kriterien der Eiqualität traten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungen auf (Tabelle 5 c).
In älteren Untersuchungen wurden häufiger fischig riechende
Eier bei Einsatz von Rapsextraktionsschrot gefunden. Die
Untersuchungen mit der Herkunft Lohmann Brown Classic
ergaben keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der
Eiqualität bei Mischungsanteilen von bis zu 15 % Rapsextraktionsschrot
im Futter. Der Einsatz von Rapsextraktionsschrot
kann zu einer geringfügig intensiveren Dotterfärbung führen.
Fazit
Rapsextraktionsschrot kann als Proteinfuttermittel bei
Legehennen bis zu einem Anteil von 10 % im Alleinfuttermittel
sicher eingesetzt werden. Auch ein höherer Anteil
als 10 % ist grundsätzlich möglich, kann dann aber zu
einem Rückgang in der Futteraufnahme und dem Eigewicht
führen. Bei Verwendung von Tainter freien Legehennenherkünften
gibt es das Problem fischig riechender Eier nicht
mehr. Rapsextraktionsschrot hat einen höheren Gehalt an
Faserfraktionen als Sojaextraktionsschrot und daher auch
einen geringeren Energiewert. Dieser muss durch einen
entsprechenden Einsatz energiereicher Komponenten
in der Futtermischung (z. B. Pflanzenöl und/oder Mais)
ausgeglichen werden.
Rapsprotein hat einen hohen Gehalt an Methionin mit sehr
hoher Verdaulichkeit. Andere Aminosäuren sind geringer
verdaulich als bei Sojaextraktionsschrot. Dies muss bei
der Kalkulation des Mischfutters berücksichtigt werden.
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