Praxisinformation: Ackerbohnen, Körnerfuttererbsen, Süßlupinen und Sojabohnen in der Geflügelfütterung
Autoren:
Prof. Dr. Gerhard Bellof
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Weihenstephan
PD Dr. Ingrid Halle
Friedrich-Loeffler-Institut Braunschweig
Prof. Dr. Markus Rodehutscord
Universität Hohenheim
2. aktualisierte Auflage 2020
Einführung
Bereits seit langem gelten Körnerleguminosen als wertvolle Kulturpflanzen der Landwirtschaft. Neben der Auflockerung getreidereicher Fruchtfolgen leisten sie einen wichtigen Beitrag zur regenerativen N-Versorgung im Ackerbau durch die Fähigkeit zur Stickstoffbindung mit Hilfe von Knöllchenbakterien. Futtererbsen, Ackerbohnen und Süßlupinen – aber auch Sojabohnen aus heimischem Anbau – stoßen in jüngster Zeit auf ein wachsendes Interesse. Darüber hinaus finden die heimischen Körnerleguminosen unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Erzeugung und der Erweiterung des Futtermittelspektrums zunehmende Beachtung. Dies und die Regelungen der gemeinsamen Agrarpolitik spiegeln sich sowohl in der Ausdehnung der Anbauflächen als auch in der züchterischen Entwicklung neuer Sorten wider.
In der vorliegenden UFOP-Praxisinformation wird ein Überblick über Inhaltsstoffe, Futterwert und Einsatzmöglichkeiten der Körnerleguminosen in der Geflügelfütterung gegeben. Hierbei wurden insbesondere die Ergebnisse von Fütterungsversuchen der letzten zehn Jahre berücksichtigt. In der Broschüre berücksichtigt werden für Ackerbohnen sowohl weiß- als auch buntblühende Sorten. Für Erbsen liegt der Betrachtungsschwerpunkt auf den weißblühenden Sorten, da diese den Markt dominieren und sich ernährungsphysiologisch für die Geflügelfütterung besonders eignen. Die Betrachtungen für Lupinen beziehen sich auf die Blauen und Weißen Süßlupinen. Die Gelben Süßlupinen spielen derzeit im Anbau keine Rolle. Sie könnten aber aufgrund ihrer Nährstoffzusammensetzung in Zukunft auch für die Geflügelfütterung wieder interessant werden. Vollfette Sojabohnen und daraus hergestellter Soja- kuchen sind die wichtigsten Futtermittel aus heimischem (europäischem) Sojabohnenanbau.
Inhaltsstoffe der Körnerleguminosen
Wertbestimmende Inhaltsstoffe
Die wertbestimmenden Inhaltsstoffe für die „klassischen“ heimischen Körnerleguminosen Ackerbohnen, weißblühende Erbsen und Süßlupinen sowie für die Sojabohne als „neue“ heimische Körnerleguminose sind in den Tabellen 1a und 1b dargestellt. Körnerleguminosen werden in der Nutztierfütterung vorrangig wegen ihrer Proteinlieferung eingesetzt. Die in den Tabellen 1a und 1b ausgewiesenen Rohproteingehalte für die Körnerleguminosen unterscheiden sich erheblich voneinander. Während für die Erbsen nur mittlere Gehaltswerte (20%) gefunden werden, bewegen sich Ackerbohnen und Blaue Süßlupinen auf einem höheren Niveau. Sojabohnen und Weiße Süßlupinen (Tabelle 1b) weisen in dieser Rangliste mit mehr als 30% die höchsten Rohproteingehalte auf. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass für die heimische Sojabohne bei Herkünften aus dem konventionellen Anbau die Datenbasis noch unsicher ist. Unterschiede im Rohproteingehalt in Abhängigkeit vom Anbausystem (konventioneller zu ökologischem Anbau) lassen sich für die betrachteten Körnerleguminosen nach Untersuchungen von Aulrich (2011)nicht erkennen. Somit wird nachfolgend auf eine nach dem Anbausystem differenzierte Betrachtung verzichtet.
Neben der Rohproteinlieferung sind die energieliefernden Inhaltsstoffe Rohfett sowie Stärke und Zucker von Interesse in der Geflügelfütterung. Ackerbohnen und Erbsen weisen hohe Stärkegehalte auf. Dagegen liegen die Fettgehalte bei den Blauen und Weißen Süßlupinen und insbesondere bei Sojabohnen relativ hoch. Für die Sojabohnen kann der hohe Fettgehalt in der Fütterung einsatzbegrenzend wirken. Deshalb ist das daraus hergestellte Produkt „Sojakuchen“ mit einem Restfettgehalt von höchstens 10 % für den Fütterungseinsatz besser geeignet. Der durch Abpressen herbeigeführte Fettentzug führt zu einer Anreicherung der anderen Inhaltsstoffe – auch der Proteine – in dem Kuchen.
In den Tabellen 1a und 1b sind für die genannten Futtermittel wesentliche Mineralstoffgehalte (Mengenelemente) ausgewiesen.
Ackerbohnen und Erbsen weisen eher geringe Calciumgehalte auf. Lupinen und Sojabohnen liegen hier auf einem mittleren Niveau. Während Erbsen und Süßlupinen mittlere Phosphorgehalte aufweisen, liegen diese für Ackerbohnen und Sojabohnen auf einem höheren Niveau. Allerdings ist zu beachten, dass der Phosphor überwiegend an dem Molekül Phytin gebunden ist und somit für das Geflügel nur bedingt verfügbar ist. In der konventionellen Geflügelfütterung kann durch den Zusatz des Enzyms Phytase die Phosphorverdaulichkeit erheblich verbessert werden. Dadurch kann der Zusatz von mineralischem Phosphor in den Futtermischungen entsprechend reduziert werden. Körnerleguminosen weisen sehr geringe Natriumgehalte auf.
Sekundäre Inhaltsstoffe
Sogenannte sekundäre Inhaltsstoffe – hauptsächlich Tannine (Gerbstoffe), aber auch Proteaseinhibitoren (Hemmstoffe), Lektine und Saponine – können auch in Körnerleguminosen vorkommen. Es zeigt sich ein ausgeprägter Sorteneinfluss. So weisen z. B. buntblühende Ackerbohnen- und Erbsensorten höhere, weißblühende Sorten dagegen niedrige Tanningehalte auf. Diese Stoffe können in hohen Konzentrationen leistungshemmend für den tierischen Stoffwechsel sein und die Futteraufnahme sowie die Nährstoffverdaulichkeit negativ beeinflussen. Durch mechanische und thermische Behandlungsverfahren kann der Gehalt an sekundären Inhaltsstoffen reduziert werden.
Bei Ackerbohnen sind im Hinblick auf die Legehennenfütterung auch die Gehalte an den Glucosiden Vicin und Convicin zu beachten. Vicin und Convicin sind im Sameninneren lokalisiert und relativ hitzebeständig. Weder das Schälen der Samen noch eine thermische Behandlung beseitigen diese antinutritiven Stoffe.
Bei Sojabohnen und deren Nebenprodukten sind insbesondere die Trypsininhibitoren bedeutsam. Diese Stoffe können im Dünndarm die Wirkung des eiweißspaltenden Enzyms Trypsin hemmen. Vor der Verfütterung von Sojabohnen und deren Verarbeitungsprodukten an Monogastriden (Schwein und Geflügel) ist daher eine thermische Inaktivierung der enthaltenen Trypsininhibitoren notwendig. Eine thermische Behandlung birgt jedoch auch die Gefahr einer Proteinschädigung in sich. Somit muss ein Kompromiss zwischen den positiven Auswirkungen (Ausschaltung von wachstumshemmenden Inhaltsstoffen und die Lagerfähigkeit beeinträchtigenden Enzymen, schonende Denaturierung der Proteinkörper) und dem Beginn der proteinschädigenden Reaktionen angestrebt werden. Schon eine geringe Temperaturüberschreitung kann die schwefelhaltigen Aminosäuren Cystin und Methionin, aber auch die Aminosäure Lysin schädigen bzw. deren Gehalt vermindern.
Um überprüfen zu können, ob die Sojabohnen sachgemäß hitzebehandelt wurden und das Futtermittel eine hohe Qualität aufweist, wurde eine Reihe einfacher analytischer Methoden ausgearbeitet. Dazu zählen die Bestimmung der Ureaseaktivität, die Kresolrotabsorption und die Eiweißlöslichkeit.
Die direkte Bestimmung der Trypsininhibitoraktivität (TIA) kann auch nach der amtlichen A.O.C.S.-Methode (1990) durchgeführt werden. Die Aktivität des Inhibitors wird hierbei in mg Typsininhibitor pro g Rohprotein (mg TI/g XP) angegeben. Die Bestimmung der Ureaseaktivität dient zur indirekten Erfassung der Inhibitorwirkung, da die unmittelbare Messung sehr aufwändig ist. Man misst daher als Ersatzgröße die Restaktivität eines anderen für die Sojabohne charakteristischen Inhaltsstoffs, des Enzyms Urease. Für optimal getoastete Sojaprodukte muss die Ureaseaktivität zwischen 0,4 mg N/g/min und der Nachweisgrenze liegen. Die Ureaseaktivität sinkt nach Erreichen von 100 °C sehr rasch auf niedrige Werte, deren Veränderungen ohne Aussagekraft sind. Somit lassen sich nur nicht hinreichend erhitzte Partien identifizieren.
Die Eiweißlöslichkeit in Wasser (PDI) ist ein weiteres gebräuchliches Kriterium zur Prüfung des Hitzebehandlungseffektes. Nach Naumann und Bassler (1988) ist für Sojaprodukte ein Optimalbereich von 10 bis 35 % anzunehmen, wobei Werte im Bereich von 10 bis 20% bereits auf Überhitzung hindeuten können. Bemerkenswert ist, dass insbesondere für den Bereich der Überhitzung keine eindeutige Grenze definiert ist. Neben der Eiweißlöslichkeit des Proteins in Wasser (PDI) wird als ein weiterer Parameter häufig die Eiweißlöslichkeit in Kalilauge (KOH) bestimmt. In Untersuchungen wurden deutlich geringere Zunahmen bei Broilern und Mastschweinen festgestellt, wenn die Löslichkeit in KOH geringer als 72 % war. Sojabohnen mit einer hohen Proteinlöslichkeit in KOH wiesen sehr gute Proteinverdaulichkeiten auf, solange die Ureaseaktivität im empfohlenen Bereich lag.
Futterwert
Für den Futterwert ist neben dem Rohproteingehalt dessen ernährungsphysiologische Qualität und der sich aus der Verdaulichkeit der Nährstoffe ergebende energetische Futterwert von Bedeutung. Die Proteinqualität wird in der Geflügelernährung durch die Gehalte an den wichtigsten essentiellen Aminosäuren charakterisiert. Dies sind Lysin, Methionin + Cystein, Threonin und Tryptophan. Zum anderen ist die Verdaulichkeit der Aminosäuren von Bedeutung, die sowohl zwischen Aminosäuren als auch zwischen verschiedenen Körnerleguminosen variiert (Tabelle 2).
Der Rohproteingehalt und somit der Gesamtgehalt dieser Aminosäuren unterscheidet die Körnerleguminosen deutlich vom Sojaextraktionsschrot (44 % Rohprotein). Körnerleguminosen enthalten deutlich weniger Rohprotein und daher auch weniger Aminosäuren als Sojaextraktionsschrot. Bezieht man allerdings die Aminosäuren auf den Gehalt an Rohprotein, ergeben sich ähnliche Anteile, so dass die Proteinqualität im Vergleich zum Sojaextraktionsschrot diesbezüglich nicht schlechter ist. Eine Ausnahme stellen die für die Versorgung des Geflügels besonders wichtigen schwefelhaltigen Aminosäuren dar (Methionin und Cystein), die im Rohprotein der Körnerleguminosen in geringeren Anteilen vertreten sind. Bei der Rationsrechnung ist beim Einsatz von Körnerleguminosen daher besonders für die schwefelhaltigen Aminosäuren ein Ausgleich zu schaffen, damit der Bedarf der Tiere gedeckt wird.
Eine Zusammenstellung verfügbarer Daten zur Verdaulichkeit der Aminosäuren zeigt ein insgesamt relativ hohes Niveau der Aminosäurenverdaulichkeit (Abb. 1). Lupinen und Erbsen unterscheiden sich in der Verdaulichkeit des Lysins kaum vom Sojaextraktionsschrot. Auch die Verdaulichkeit des Threonins ist bei Lupinen und Erbsen nicht niedriger als bei Sojaextraktionsschrot. Ackerbohnen, zu denen es nur sehr wenig Versuche gibt, weisen allerdings ein geringeres Niveau der Aminosäurenverdaulichkeit auf. Die in der Abbildung 1 gezeigten Verdaulichkeitswerte für ganze Sojabohnen gelten nur dann, wenn die Sojabohne vor der Verfütterung einem Erhitzungsprozess unterzogen wurde. Werden Sojabohnen nicht erhitzt, sind die Aminosäuren für das Geflügel nur zu einem erheblich geringeren Anteil verdaulich und die Sojabohnen nicht fütterungstauglich.
Zur Beurteilung des energetischen Futterwertes wird beim Geflügel die Stickstoff-korrigierte Umsetzbare Energie (AMEN) herangezogen. Für den AMEN-Gehalt der Körnerleguminosen sind neben den Inhaltsstoffen deren Verdaulichkeiten entscheidend. Während die Lupinen aufgrund des relativ hohen Gehaltes an Faserfraktionen mit 8,1 bis 10,1 MJ/kg vergleichsweise geringe Gehalte aufweisen, sind die AMEN-Gehalte von Erbsen und Ackerbohnen mit 11,8 MJ bzw. 10,7 MJ/kg höher (Tab. 2). Die ganze Sojabohne enthält erheblich mehr AMEN als die anderen Körnerleguminosen und auch mehr als Sojaextraktionsschrot (9,9 MJ/kg). Diese Differenzen sind im Wesentlichen auf das in den Sojabohnen enthaltene Fett zurückzuführen.
Unabhängig von den Futterwerteigenschaften der ganzen Sojabohnen ist bei ihrem Einsatz in Futterrationen für das Geflügel zu beachten, dass der hohe Fettgehalt und die Fettsäuren einen direkten Einfluss auf die Zusammensetzung des Körperfetts nehmen. Sojaöl (-fett) beinhaltet, wie in Tabelle 3 im Vergleich zu anderen in der Fütterung eingesetzten Ölen und Fetten gezeigt, einen deutlich höheren Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Da sich die Fettzusammensetzung des Futters auf die Fettqualität des Körperfetts auswirkt, birgt der Einsatz von ganzen Sojabohnen die Gefahr von zu weichen und wenig stabilen Fettanteilen am Schlachtkörper. Dies beeinträchtigt die Verarbeitungsfähigkeit.
Versuche
Legehennen
Es liegen nur wenige Fütterungsversuche mit Legehennen zum Einsatz von Körnerleguminosen vor. Schon einige ältere Arbeiten aus den Jahren 2004 - 2007 zeigen ein hohes Potenzial für den Einsatz von Erbsen im Alleinfutter für Legehennen im Bereich von 10 - 40 %. Bei einem höheren Gehalt von 50 % war lediglich festzustellen, dass die Hennen gering mehr Futter verzehrten, aber die Leistungsmerkmale nicht verändert waren. In einem neueren Versuch (Laudadio und Tufarelli 2012) wurde geprüft, ob in Alleinfuttermischungen für Legehennen Sojaextraktionsschrot vollständig durch 30% Erbsen, die geschält und mikronisiert wurden, ersetzt werden kann. In dem zehnwöchigen Versuch (18.–28. Lebenswoche) wurden für die geprüften Legeleistungsmerkmale keine Unterschiede zwischen der Kontrolle und der Erbsengruppe ermittelt.
Die Prüfung des Einsatzes von Blauen Süßlupinen im Austausch gegen Sojaextraktionsschrot in einer Größenordnung von 15 % und 25 % in Alleinfuttermischungen für Legehennen (AF) zeigte, dass bereits 15 % Lupinen in der Tendenz die Futteraufnahme und damit die Leistungen der Hennen negativ beeinflussten (Hammershoj und Steenfeldt 2005). Anteile von 25 % Lupinen in der AF reduzierten die tägliche Futteraufnahme der Hennen um 20% und daraus resultierend wurden die Leistungsmerkmale (Legeleistung, Eigewicht, Eimasseproduktion, Futterverwertung) signifikant verschlechtert. In einer weiteren Untersuchung wurden die Lupinen geschält und mikronisiert und dann zu 18 % im Austausch gegen Sojaextraktionsschrot im Futter eingesetzt (Laudadio und Tufarelli 2011). Trotz der Behandlung der Lupinen führte der Gehalt von 18% in der AF zu einer signifikant verschlechterten Futterverwertung.
Zwei Ackerbohnensorten (Condor, Divine), die sich im Gehalt an Vicin und Convicin unterschieden, wurden am Ende der Legeperiode (10./11. Legemonat) in Mischungsanteilen von 0/5/10/20/30 % geprüft (Dänner 2003). Trotz des erhöhten Gehaltes dieser antinutritiv wirkenden Substanzen in der Ackerbohne Condor wurden keine Leistungsunterschiede zwischen den Gruppen festgestellt. Im Gegensatz dazu kam es in einer weiteren Untersuchung (Halle 2004) mit Hennen zu Beginn der Legeperiode (23.-26. Lebenswoche), die höhere Gehalte (20/30%) vicin- und convicinreiche Ackerbohnen im Futter hatten, zu einem Rückgang in der Futteraufnahme und den Leistungsmerkmalen. Dabei ergaben die Analysen, dass die verwendete Ackerbohne keine vicin- und convicinarme Sorte war. In einem weiteren zehnwöchigen (18. - 28. Lebenswoche) Versuch von Laudadio und Tufarelli (2010) wurden die Ackerbohnen geschält, mikronisiert und mit 24 % Mischungsanteil im Austausch gegen Sojaextraktionsschrot im Futter eingesetzt. Trotz der Behandlung der Ackerbohnen führte der Gehalt von 24 % im Futter zu einer reduzierten täglichen Futteraufnahme.
Untersuchungen an Legehennen (Halle 2015) zeigten, dass die Kombination von Erbsen (35% Mischungsanteil) mit Rapsextraktionsschrot (RES, 12 %) als Proteinquellen Sojaextraktionsschrot (SES) vollständig ersetzen können.
Mastgeflügel
Zum Einsatz von Ackerbohnen in der Broilermast liegen vorwiegend ältere Studien in der Literatur vor. Die vorhandenen, älteren Daten basieren auf Ergebnissen mit buntblühenden Ackerbohnen. In diesen Untersuchungen wurden in den Futtermischungen der Kontroll- und Versuchsgruppen meist tierische Eiweißfuttermittel eingesetzt. Somit ist eine Übertragung auf heutige Fütterungsverhältnisse nur bedingt möglich. Jeroch et al. (1985) prüften buntblühende und weißblühende (tanninarme) Ackerbohnen (Mischungsanteile bis zu 45 %) in Broilermastmischungen auf der Basis Mais-Fischmehl-Fleischknochenmehl- Sojaextraktionsschrot (SES) und fanden keine Unterschiede zur Kontrolle hinsichtlich Futteraufnahme, Mastleistung und Schlachtkörperzusammensetzung. Dagegen stellten Meixner et al. (1983) in Mischungen, basierend auf Mais-SES-Fischmehl-Tierkörpermehl-Futterhefe, mit rund 20 % Ackerbohnen (bunt-blühend) im Mastfutter nachteilige Effekte auf die Mast- und Schlachtleistungsergebnisse fest. Als mögliche Ursache für die Leistungsminderung diskutieren die Autoren eine suboptimale Versorgung mit Methionin bzw. S-haltigen Aminosäuren. Für den praktischen Einsatz empfehlen diese Autoren einen Mischungsanteil von maximal 10 % Ackerbohnen.
Halle (2016) setzte steigende Mischungsanteile (5 %; 10 %; 20 %) der buntblühenden Ackerbohnensorte „Tiffany“ (vicin- und convicinarm) in Alleinfuttermischungen für die Broilermast ein. Es zeigten sich im Vergleich zur Kontrolle mit SES als alleinigem Eiweißfuttermittel auch bei einem Anteil von 20 % Ackerbohnen keine Unterschiede hinsichtlich der Futteraufnahme bei gleichzeitig erhöhtem Endgewicht und verbessertem Futteraufwand.
Zum Einsatz von Erbsen in der Broilermast liegt eine Reihe von neueren Untersuchungen vor. Diese wurden überwiegend mit weißblühenden Sorten durchgeführt. Richter et al. (2008) prüften Mischungsanteile von bis zu 30% weißblühenden Erbsen in Weizen-SES-Mischungen. Sie fanden weder für die Futteraufnahme noch für die Mastleistungsparameter nachteilige Effekte. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen Thacker et al. (2013). Für Mais-SES-Mischungen ergaben sich bei teilweisem Austausch von SES und Mais gegen 30 % Erbsen gleiche Mast- und Schlachtleistungen. Somit kommen beide Autorengruppen sowie Halle (2016) zu der Empfehlung, dass 30% Erbsen in Alleinfuttermischungen für Broiler möglich sind. Weindl et al. (2016) prüften für die Broilermast Kombinationen von Erbsen und Rapsextraktionsschrot im Austausch gegen SES. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Mischungsanteile von 20 % Erbsen in Kombination mit 15% Rapsschrot bei schnellwachsenden Ross 308-Broilern ohne Leistungseinbußen einsetzbar sind, wenn die Alleinfuttermischungen bedarfsgerecht – insbesondere Supplementierung essentieller Aminosäuren – ergänzt werden.
Roth-Maier und Paulicks (2003) setzten Blaue oder Weiße Süßlupinen in der Broilermast ein. In Alleinfuttermischungen auf der Basis Weizen-Mais-SES wurden jeweils 20 oder 30% dieser Lupinen eingemischt. Im Vergleich zur Kontrolle wurden keine signifikanten Beeinträchtigungen für die Mastleistung festgestellt. Die Autorinnen empfehlen Mischungsanteile von 20% für beide Lupinenarten. Dagegen ermittelten Nalle et al. (2011) in einem Broilermastversuch mit Blauen Süßlupinen (10% im Starterfutter, 15 % im Wachstums- und 25 % im Endmastfutter, jeweils im Austausch gegen SES) eine geringere Futteraufnahme und in der Folge eine verzögerte Gewichtsentwicklung. Sie empfehlen daher in der Starterphase auf Lupinen zu verzichten und diese erst danach mit einem maximalen Mischungsanteil von 15% einzusetzen. Hierbei ist auf eine ausreichende Supplementierung mit schwefelhaltigen Aminosäuren zu achten. Jeroch et al. (2016) verweisen darauf, dass die reichlicher als bei anderen Leguminosenarten in Süßlupinen enthaltenden Oligosaccharide insbesondere bei jungen Küken und/oder bei höheren Rationsanteilen verschiedene antinutritive Effekte auslösen können, die bei den heute hochproduktiven Masttieren problematischer sein könnten als bei früheren Genotypen mit geringerer Wachstumsleistung.
Sojabohnen aus heimischem Anbau und daraus hergestellter Sojakuchen wurden bislang meist in der ökologischen Geflügelmast verwendet. Steiner und Bellof (2009) setzten Sojakuchen mit einem Mischungsanteil von 20% in Aufzuchtmischungen bzw. 15 % in Mastmischungen in der ökologischen Broilermast (langsam wachsende Herkunft Genotyp ISA J957) erfolgreich ein.
Mastputen weisen im Vergleich zu Masthühnern noch höhere Ansprüche bezüglich der Eiweiß- und Aminosäurenversorgung auf. Somit muss der Einsatz von Eiweißalternativen besonders sorgfältig bedacht werden. Es liegen nur wenige neuere Berichte zum Einsatz von Körnerleguminosen in der Putenmast vor. Dies gilt insbesondere für Ackerbohnen und Erbsen. Savage et al. (1986) setzten Erbsen im Starterfutter (bis zu 25 % Mischungsanteil) und im Finisherfutter (bis zu 55% Mischungsanteil) für Puten ein. Sie konnten keine negativen Effekte auf die Futteraufnahme sowie die Mast- und Schlachtleistung feststellen.
Nach Mikulski et al. (2014) und Zdun`czyk et al. (2014) kann SES in Alleinfuttermischungen für Mastputen ab der 12. Lebenswoche durch einen Mischungsanteil von 18% Blauen bzw. Gelben Süßlupinen teilweise ersetzt werden. Die Autoren stellten keine Nachteile auf die Mastleistung und die Schlachtkörperqualität fest. Krawczyk et al. (2015) beobachteten, dass der Einsatz von 16 % Gelben Süßlupinen in Starter-Rationen (bis zur 4. Lebenswoche) keinen Einfluss auf die Aufzuchtergebnisse von weiblichen Puten hatte, während bei 24 % Lupinen in der Futtermischung die Lebendmassezunahmen der Tiere beeinträchtigt wurden. In der zweiten Mastperiode (5.–8. Lebenswoche) konnte ein kompensatorisches Wachstum beobachtet werden. Die Autoren empfehlen daher, dass ab der 5. Lebenswoche bis zu 24 % Lupinen in den Alleinfuttermischungen ohne negative Auswirkungen auf die Mast- und Schlachtleistung eingesetzt werden können.
Für die ökologische Putenmast stellt wärmebehandelter Sojakuchen aus Sojabohnen ein geeignetes Eiweißfuttermittel dar. Bellof et al. (2014) empfehlen für Alleinfuttermischungen für die Aufzucht (bis zur 4. Lebenswoche) maximal 20% und ab der 16. Lebenswoche einen Mischungsanteil von maximal 15 %.
Einsatzempfehlungen
Legehennen
Körnerleguminosen sind für die Fütterung von Legehennen gut geeignet. Entsprechend der Fortschritte in der Pflanzenzüchtung und der Absenkung der antinutritiven Inhaltsstoffe verbessern sich die Möglichkeiten des Einsatzes in Rationen für Hennen.
Ein sicherer Einsatz von Ackerbohnen in der Legehennenfütterung ist nur bei Verwendung von vicin- und convicinarme Sorten möglich Von diesen Sorten können bis zu 30 % Ackerbohnen in Alleinfuttermischungen für Legehennen eingemischt werden. Ackerbohnen, bei denen die Gehalte an den antinutritiven Substanzen nicht bekannt sind, sollten maximal in einer Größenordnung von 10 % eingemischt werden (Tab. 4).
In den vorgestellten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Hennen mit Futtermischungen, die bis 40 % Erbsen enthielten, versorgt werden können, ohne dass es zu einer negativen Beeinflussung in der Futteraufnahme und Legeleistung kam. Durch einen steigenden Gehalt an Erbsen im Alleinfutter für Legehennen wird sowohl die Menge an Sojaextraktionsschrot als auch an Getreide (z. B. Weizen) verringert. Weiterhin wird die Menge an der zuzusetzenden essentiellen Aminosäure Methionin steigen. Somit ist zu empfehlen, in Alleinfuttermischungen für Legehennen den Mischungsanteil von Erbsen auf 30% zu begrenzen (weißblühende Sorten; Tab. 4).
Aus den Ergebnissen der vorgestellten Untersuchungen und Einsatzempfehlungen anderer Autoren (Jeroch et al. 2013 und 2016) kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein Mischungsanteil von 10 % Süßlupinen als obere Grenze empfohlen werden kann.
Mastgeflügel
Die Empfehlungen für den Einsatz von Köörnerleguminosen in der Broiler- und Putenmast sind der Tabelle 4 zu entnehmen. Beim Einsatz von Ackerbohnen sollte zwischen bunt- und weißblühenden Sorten unterschieden werden. Für buntblühende Ackerbohnen wurden sowohl für die Broiler- als auch für die Putenmast niedrigere Höchstgehalte ausgesprochen. Für Erbsen ist diese Differenzierung nicht erforderlich, da am Markt fast nur weißblühende Sorten verfügbar sind.
Sojabohnen aus heimischem Anbau und daraus hergestellter Sojakuchen werden bislang meist in der ökologischen Geflügelmast eingesetzt. Aufgrund des geringeren Fettgehaltes und der daraus resultierenden geringeren Polyensäurenaufnahme sowie des höheren Eiweißgehaltes ist der Sojakuchen das zu bevorzugende Eiweißfuttermittel für die Geflügelmast. Dies drückt sich in den jeweils höheren Einsatzempfehlungen sowohl für die Broiler- als auch die Putenmast aus (Tabelle 4).
Mischungsbeispiele, Fütterungshinweise und Wirtschaftlichkeitsaspekte – Legehennen
Legehennen
Beispielhafte Alleinfuttermischungen für Legehennen unter Einbezug von Körnerleguminosen sind der Tabelle 5 zu entnehmen. Die dort dargestellten Futtermischungen wurden erfolgreich in den oben zitierten Untersuchungen in der Legehennenfütterung eingesetzt bzw. für das Beispiel Lupinen kalkuliert. Mit der Erbsen-Mischung lassen sich bis zu 40 % SES, mit der Lupinen- und Ackerbohnen-Mischung bis 20 % SES ersetzen und mit der Erbsen-RES-Kombination kann SES vollständig ersetzt werden.
Die Empfehlungen für den Einsatz der einzelnen Körnerleguminosen in Futtermischungen für Legehennen im Ökologischen Landbau unterscheiden sich grundsätzlich nicht von den bereits genannten Empfehlungen.
Im Ökologischen Landbau ist zu beachten, dass es bei dem Einsatz von Leguminosen-Gemischen als Proteinträger dazu kommen kann, dass die Anteile an unerwünschten bzw. antinutritiv wirkenden Substanzen (Rohfaser, Glucoside, Tannine) aus den verschiedenen Körnerleguminosen additiv wirken und somit die Futteraufnahme, Leistung und Gesundheit der Hennen negativ beeinflussen können. Mitunter werden auch weniger bekannte Leguminosen, wie z.B. Wicken, eingesetzt. Wicken enthalten wie Ackerbohnen auch die negativ wirkenden Glucoside Vicin und Convicin. Deshalb ist auch hier die Pflanzenzüchtung gefragt, um einen sicheren Einsatz von Wicken im Hennenfutter zu ermöglichen. Solange es keine vicin- und convicinarmen Wicken gibt, ist es notwendig, die Gehalte an Glucosiden zu analysieren und daraus resultierend eine Rationsberechnung durchzuführen.
Mastgeflügel
Beispielhafte Alleinfuttermischungen unter Einbeziehung von Körnerleguminosen in der Broiler- und Putenmast sind den Tabellen 6 und 7 zu entnehmen. Die in Tabelle 6 dargestellten Futtermischungen für die Broilermast orientieren sich an den Vorgaben der Fa. Aviagen (2007) hinsichtlich Energie-, Aminosäuren-, Mineral- und Wirkstoffgehalten für die Herkunft Ross308 (Ziel-Lebendendmasse 2,0 - 2,5 kg). Diese Mischungen wurden in dem oben dargestellten Broilermastversuch (Weindl et al. 2016) erfolgreich eingesetzt. Gemessen an der für die Geflügelmast wirtschaftlich bedeutsamen Kennzahl „European Efficiency Factor“ (EEF) ergeben sich zwischen den dargestellten Fütterungsvarianten und der SES-basierten Kontrolle (K) keine statistisch gesicherten Unterschiede (EEF für K 451; für Erbsen 459; für Erbsen + RES 436). Mit der RES-Erbsen-Kombination lassen sich kalkulatorisch bis zu 469g SES pro Broiler ersetzen. Dies entspricht einer Einsparung von etwa 48 % SES gegenüber einer alleinigen Verwendung von SES als Eiweißfuttermittel.
Die höheren Rohproteingehalte in den dargestellten Mischungen Erbsen mit Rapsextraktionsschrot ergeben sich aufgrund der Kalkulation der Mischungen auf Ebene der verdaulichen Aminosäuren. Da das Rapsprotein eine schlechtere Verdaulichkeit aufweist, werden höhere Brutto-Aminosäurenkonzentrationen benötigt, um die gleichen Gehalte an verdaulichen Aminosäuren realisieren zu können.
Nach neueren Empfehlungen sollten Futtermischungen für wachsende Puten mehr Arginin als Lysin enthalten. Dies ist allerdings in praktischen Rezepturen für Mastputenmischungen schwer zu realisieren. Eine Ergänzung mit freiem Arginin wäre zwar möglich, jedoch sind die Preise für Argininprodukte aktuell sehr hoch und führen somit zu erhöhten Futterkosten. Eine andere Möglichkeit zur Optimierung des Lysin: Arginin-Verhältnisses besteht in der Verwendung von Lupinen und Ackerbohnen in den Futtermischungen. Das Protein dieser Leguminosenarten enthält deutlich mehr Arginin als Lysin (Lupinenprotein Lysin : Arginin = 1:2,3). Nach Krawcyk et al. (2015) kann mit einem Mischungsanteil von 8 % Gelben Lupinen in einer Alleinfuttermischung auf der Basis SES-Weizen-Mais der Arginin-Bedarf für junge Puten bereits bedarfsdeckend eingestellt werden.
Mit den Mischungsbeispielen in der Tabelle 6 wird diesem Sachverhalt Rechnung getragen. In Anlehnung an die Ergebnisse von Krawcyk et al. (2015) werden Alleinfuttermischungen für eine 7-Phasenmast mit Blauen Lupinen dargestellt. Die dargestellten Futtermischungen orientieren sich an den Vorgaben der Fa. Aviagen (2016) hinsichtlich Energie-, Aminosäuren-, Mineralund Wirkstoffgehalten für schwere Putenherkünfte (männliche Tiere mit einer Ziel-Lebendendmasse von 22 kg).
Unter den Bedingungen der ökologischen Wirtschaftsweise ist in der Fütterung eine Supplementierung mit freien Aminosäuren nicht möglich. Somit müssen bei erhöhten Mischungsanteilen an Körnerleguminosen die skizzierten Kombinationseffekte mit Eiweißfuttermitteln, die erhöhte Gehalte an schwefelhaltigen Aminosäuren aufweisen, genutzt werden. Hierfür eignen sich für die ökologische Mastgeflügelfütterung insbesondere Sonnenblumenkuchen (aus entschälter Saat).
Fazit
Die dargestellten Ergebnisse führen zu folgenden Schlussfolgerungen: Ackerbohnen, Körnerfuttererbsen und Süßlupinen sind sowohl in der Legehennenfütterung als auch in der Broiler- und der Putenmast erfolgreich einzusetzen. Einsatzbegrenzend für diese klassischen Körnerleguminosen sind die geringen Gehaltswerte an schwefelhaltigen Aminosäuren. Unter konventionellen Produktionsbedingungen kann dies aber mit der Supplementierung von freiem Methionin ausgeglichen werden.
Die am Markt dominierenden weißblühenden Körnerfuttererbsen können für die genannten Tiergruppen in hohen Anteilen in die jeweiligen Alleinfutter eingemischt werden, da solche Erbsen hinsichtlich antinutritiver Inhaltsstoffe unproblematisch sind. Allerdings weisen Erbsen nur einen Rohproteingehalt von ca. 20 % auf. Somit umfasst der Substitutionseffekt der Erbsen mehr als nur das Rohprotein.
Für Legehennen sollten möglichst vicin- und convicinarme Ackerbohnensorten eingesetzt werden. Solche Sorten können Sojaextraktionsschrot in Alleinfuttermischungen für Legehennen nennenswert substituieren. In der Geflügelmast können auch sonstige weißblühende Ackerbohnensorten in höheren Mischungsanteilen erfolgreich eingesetzt werden.
Blaue und Weiße Süßlupinen weisen mit ca. 29 % bzw. 34 % Rohprotein unter den klassischen Körnerleguminosen die höchsten Gehaltswerte auf. Zudem sind die im Lupinenprotein enthaltenen essentiellen Aminosäuren ähnlich hoch verdaulich wie die im Sojaprotein. Somit kann mit dem Einsatz von Süßlupinen sowohl in Alleinfuttermischungen für Legehennen als auch für die Geflügelmast ein hoher Substitutionseffekt erzielt werden.
Auch die Kombination mit weiteren Eiweißalternativen – wie Rapsextraktionsschrot oder Sonnenblumenkuchen (entschält) – kann zu einer ausgewogenen Aminosäurenversorgung beitragen. Damit kann in der Legehennenfütterung Sojaextraktionsschrot vollständig ersetzt werden. In Alleinfuttermischungen für die Geflügelmast lässt sich durch solche Kombinationen zumindest in den letzten Mastabschnitten der SES-Anteil deutlich zurücknehmen.
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