Milchkuhfütterung ohne Sojaextraktionsschrot

UFOP-Praxisinformation

Thomas Bonsels, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Kassel
Dr. Jürgen Weiß, Kassel

Einleitung

Für die Proteinergänzung von Milchkuhrationen wird verstärkt über den kompletten Verzicht auf Sojaextraktionsschrot diskutiert. Diese Informationsbroschüre soll beispielhaft entsprechende Rationsgestaltungen aufzeigen. Als alternative Proteinfuttermittel bieten sich Rapsextraktionsschrot (RES) und Körnerleguminosen an. Die Berechnung der  notwendigen Einsatzmengen basiert in erster Linie auf den Maßstäben des Proteinbewertungssystems für Milchkühe. Dies ist einmal das nutzbare Rohprotein (nXP) am Duodenum, das sich aus dem im Pansen unabgebauten Futterprotein (UDP) und dem im Pansen gebildeten Mikrobenprotein (MP) zusammensetzt. Der andere Maßstab ist die ruminale Stickstoffbilanz (RNB). Für eine bedarfsgerechte Proteinversorgung muss bilanziert werden, ob im Pansen genügend Stickstoff aus dem Futterrohprotein zur Verfügung steht, um eine optimale Pansenfermentation, einschließlich der mikrobiellen Proteinsynthese, sicherzustellen. Andererseits ist ein Stickstoffüberangebot (positive RNB) im Sinne einer optimalen Stickstoffnutzungseffizienz zu begrenzen.

Auch Grobfuttermittel liefern Rohprotein, Grassilage, Kleegrassilage, Luzerneheu in der Regel mehr, Maissilage weniger. Deshalb sind bei den Rationen verschiedene Grobfuttersituationen zu berücksichtigen. Dies trifft auch für die verschiedenen Milchleistungsniveaus zu.

Milchleistungsniveaus

Die Rationen werden für Leistungsgruppen mit einem Milchleistungsniveau von 20, 30 und 40 Liter durchschnittlichem Tagesgemelk je Kuh ausgelegt.

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Grobfuttersituationen

Berechnet werden Rationen auf Basis der betriebseigenen Futtermittel, insbesondere der Grobfutter. Für die in den Kalkulationen verwendeten Futtermittel (Übersicht 1) werden jeweils durchschnittliche Futterwerte auf Basis der Ergebnisse der letzten Jahre angenommen. Die in den Rationsberechnungen eingesetzte Grassilage setzt sich aus je 50 Prozent 1. und 2. Schnitt (auf Basis TM) zusammen.

Als kohlenhydratefreier Energieträger wird ein Pansen geschütztes Trockenfett auf Palmfettbasis mit einem Energiegehalt von 18 MJ NEL und einem Calciumgehalt von 95 Gramm je kg Frischsubstanz eingesetzt.

Das Mineralfutter ist auf den jeweiligen Grobfutter-Rationstyp abgestimmt. Die Gehalte des Mineralfutters ergeben sich aus der jeweiligen Einsatzmenge je Tier und Tag.

Es werden fünf verschiedene Rationstypen berücksichtigt, die sich in ihren Grobfutteranteilen hinsichtlich Gras-, Mais und Kleegrassilage sowie einer Variante Ergänzung mit Luzerneheu unterscheiden. Außerdem soll der Einfluss von behandelten Lupinen auf die quantitative Proteinergänzung im sehr hohen Leistungsbereich untersucht werden.

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Rationsberechnung

Berechnet wurden die Rationen mit dem Rationsberechnungsprogramm MiFuBo – Version 2013 (Autor Thomas Bonsels – Melsungen). Neben den tierindividuellen Bedarfsnormen und den futtermittelspezifischen Kennzahlen sind im Rationsberechnungsprogramm entsprechende Orientierungswerte und Plausibilitäten für die Kalkulation einer wiederkäuergerechten Rationsgestaltung hinterlegt.

Die Rationen sind als Total-Misch-Rationen konzipiert. Die Futteraufnahme aus Grobfutter ist auf deren Energiekonzentration je kg Trockenmasse ausgerichtet und bildet die Basis für die Ergänzung mit Leistungsfutterkomponenten in Abhängigkeit vom angestrebten Milchleistungsniveau.

Als Basis für die Energie- und Nährstoffbedarfskalkulation wurden ein Lebendgewicht der Milchkühe von 675 kg sowie die Milchinhaltsstoffe entsprechend der Milchleistung der Leistungsgruppen wie folgt unterstellt:
• 20 kg Milchleistung: 4,2 % Milchfett; 3,6 % Milcheiweiß
• 30 kg Milchleistung: 4,0 % Milchfett; 3,4 % Milcheiweiß
• 40 kg Milchleistung: 3,8 % Milchfett; 3,2 % Milcheiweiß.

Orientierungswerte für die Rationsoptimierung

Die Gesamtration darf nicht nur nach dem Milcherzeugungswert ausgerichtet werden, sondern muss auch den Anforderungen an eine wiederkäuergerechte Fütterung entsprechen. Für die Beurteilung sind mehrere Kriterien  heranzuziehen.

Hinsichtlich der Stickstoffversorgung der Pansenmikroben und im Sinne einer optimalen N-Nutzungseffizienz wird eine ruminale Stickstoffbilanz (RNB) von max. +30–35 g/Tier/Tag angestrebt.

Ein Beurteilungskriterium für eine wiederkäuergerechte Rationsgestaltung ist die in den Futtermitteln enthaltene Rohfaser bzw. deren strukturwirksamer Anteil.

Hier gilt folgende Regel:
• mindestens 16–18 % Rohfaser in der Trockenmasse der Gesamtration
• mindestens 9–12 % strukturwirksame Rohfaser in der Trockenmasse der Gesamtration.

Hinsichtlich der Bewertung der Strukturwirksamkeit der in den Futtermitteln enthaltenen Rohfaser wird der „Strukturfaktor“ herangezogen, der in Abhängigkeit von der Trockenmasse eingesetzt wird. Ein Strukturfaktor von 1,0 bedeutet, dass die in diesem Futtermittel enthaltene Rohfaser zu 100 % strukturwirksam ist. Leistungs-, Ausgleichs- und Mineralfuttermittel weisen keine strukturwirksamen Eigenschaften auf.

Für die in den Rationsberechnungen verwendeten Futtermittel wurden folgende Strukturfaktoren unterstellt:
• Heu bzw. Luzerneheu 1,0; Gras- bzw. Kleegrassilage 0,9; Maissilage 0,9.

Weitere Beurteilungskriterien sind die Gehalte an im Pansen unbeständiger bzw. beständiger Stärke und Zucker (Übersicht 2).

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Kommentierung der Rationsberechnungen
• RES ist in allen Rationstypen und bei allen Leistungsniveaus zur alleinigen Proteinergänzung geeignet.
• Die Einsatzmenge der Körnerleguminosen muss wegen des relativ niedrigen UDP-Gehaltes begrenzt werden. Eine Kombination mit RES ist zumindest im mittleren und hohen Leistungsbereich immer erforderlich.
• Bei RES-betonten Rationen und im hohen Leistungsbereich ist der Einsatz von geschütztem Fett zur bedarfsgerechten Energieversorgung erforderlich.
• Besonders in Maissilage betonten Grobfutterrationen und bei alleiniger Proteinergänzung mit Rapsextraktionsschrot muss zum Erreichen einer positiven ruminalen Stickstoffbilanz Futterharnstoff eingesetzt werden. Dies setzt allerdings das Einhalten eines entsprechenden HACCP-Konzeptes voraus. Dies wird im „Merkblatt für den Einsatz von Futtermittel-Zusatzstoffen im landwirtschaftlichen Betrieb – Teil 2: Harnstoff und seine Derivate“ beschrieben.
• Bis auf die RES-betonten Rationen muss im sehr hohen Leistungsbereich geschütztes RES (mit einem UDP-Gehalt von 60 %) eingesetzt werden, um den niedrigen UDP-Gehalt der Körnerleguminosen zu kompensieren
• Der Einsatz von behandelten Lupinen (UDP-Gehalt 30 %) führt nicht nur zu verringerten Einsatzmengen (bis zu einem Drittel), sondern in einigen Rationen auch zur Einsparung bzw. Verringerung des Einsatzes von geschütztem RES.
• Zur Versorgung mit beständiger Stärke im mittleren und hohen Leistungsbereich ist der Einsatz von Körnermais mit seinem hohen Anteil an beständiger Stärke erforderlich.
• Der Einsatz von Trockenschnitzeln im Austausch mit Weizen sichert die Einhaltung der Grenzwerte für im Pansen abbaubare und beständige Stärke und Zucker.
• Bei RES-betonten Rationen ist auf Grund des hohen Phosphorgehaltes im RES in der Regel keine zusätzliche Phosphor-Ergänzung über Mineralfutter notwendig.
• Neben den Mengenelementen wurde auch eine bedarfsgerechte Versorgung mit Spurenelementen und Vitaminen über das Mineralfutter sichergestellt.

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