Einsatz von heimischen Körnerleguminosen in der Milchviehfütterung im ökologischen Landbau

Autoren:
 
Prof. Dr. Mechthild Freitag
Fachgebiet Tierproduktion
Fachhochschule Südwestfalen, Soest
 
Dr. Herbert Steingaß
Institut für Tierernährung
Universität Hohenheim
 
Dr. Peter Manusch
Naturland e. V.
 
Dr. Jürgen Weiß
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, Kassel

Zum Download

Einleitung
 
In der Milchviehfütterung im ökologischen Landbau  ist die ausreichende Proteinversorgung am Darm häufig ein begrenzender Faktor. Dies beruht zum einen auf dem Verbot der Verfütterung von Extraktionsschroten und zum anderen auf der mangelnden Verfügbarkeit anderer Eiweißträger, wie z. B. Leinkuchen, aus biologischem Anbau. Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft werden im ökologischen Landbau Körnerleguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen und Lupinen als Eiweißträger eingesetzt. Außerdem sind sie im Ackerbau aufgrund ihrer Fähigkeit zur Stickstoffsammlung sowie zur Unterbrechung von Infektionszyklen von Schädlingen wichtige Glieder einer ausgewogenen Fruchtfolge.
 
Körnerleguminosen weisen jedoch eine hohe Abbaubarkeit des Rohproteins im Pansen und somit im Vergleich zum Proteingehalt relativ geringe nXP-Gehalte und hohe RNB-Werte auf, so dass bei höheren Milchleistungen eine ausreichende Proteinversorgung der Kühe am Darm mit Ackerbohnen, Erbsen oder Lupinen als alleiniger Proteinquelle nicht gewährleistet werden kann. Verschärft wird diese Situation noch dadurch, dass als Grobfutter meist Gras- und Kleegraskonserven eingesetzt werden, die zwar einen hohen Rohproteingehalt aber ebenfalls eine hohe Abbaubarkeit des Rohproteins aufweisen. Daher werden Behandlungsverfahren, die zu einer Verringerung der Abbaubarkeit des Rohproteins aus Körnerleguminosen im Pansen und somit zu einem Anstieg des nXP-Gehaltes führen, zunehmend diskutiert.
 
In dieser UFOP-Praxisinformation wird zunächst der Einsatz heimischer Körnerleguminosen in der Milchviehfütterung dargestellt. Im zweiten Teil der Broschüre wird ein Überblick über die unterschiedlichen im ökologischen Landbau nutzbaren Behandlungsverfahren und deren Einfluss auf den Proteinschutz von Körnerleguminosen gegeben sowie die Preiswürdigkeit von Ackerbohnen, Erbsen und Lupinen betrachtet. Für weitere generelle Informationen zu den heimischen Körnerleguminosen sei auf die UFOP-Praxisinformationen „Inhaltsstoffe, Futterwert und Einsatz von ....... in der Nutztierfütterung“ verwiesen, die jeweils getrennt für Ackerbohnen, Erbsen und Lupinen erhältlich sind.
 
Einsatz von heimischen Körnerleguminosen
 
Zur Beurteilung der Einsetzbarkeit von Futtermitteln in der Milchviehfütterung sind die Versorgung mit Energie und Protein und im hohen Leistungsbereich auch die Geschwindigkeit des Nährstoffabbaus im Pansen von Bedeutung. Kennzahlen zur Beurteilung der Futtermittel sind neben dem Gehalt an Energie (MJ NEL) vor allem der Gehalt an nutzbarem Rohprotein (nXP). Das im Darm verfügbare Protein setzt sich beim Wiederkäuer grundsätzlich aus zwei Komponenten zusammen: dem im Pansen gebildeten Bakterienprotein und dem im Pansen nicht abgebauten Futterrohprotein (UDP). Der Umfang der Bakterieneiweißsynthese hängt wesentlich von den pansenverfügbaren Stickstoff- und Energiegehalten im Futter ab, deren Verhältnis in Rationsberechnungen über die ruminale Stickstoffbilanz (RNB) ermittelt wird. Das UDP wird im Darm zusammen mit dem Mikrobeneiweiß entsprechend der Proteinverdauung beim Monogastrier enzymatisch zu Aminosäuren abgebaut und resorbiert. Die Abbaubarkeit des  Rohproteins schwankt stark innerhalb und zwischen Futtermitteln und ist auch von der Verweildauer des Futters im Pansen (Pansenpassagerate) abhängig. Aus diesem Grund ist es bei dem heutigen Wissensstand fachlich nur vertretbar, den Anteil an UDP im Rohprotein in Futterwerttabellen in 5 % Schritten anzugeben.

Tabelle_1_Kennwerte_Futterwert_Krnerleguminosen.jpg

Zur Beurteilung der Energieversorgung und des ruminalen Abbaus ist außerdem der Parameter beständige Stärke (bXS) von Bedeutung. In Tabelle 1 sind die durchschnittlichen Nährstoffgehalte von Ackerbohnen, Erbsen und Lupinen und zum Vergleich auch die Gehalte von Weizen aufgeführt.
 
Bei erhöhtem Wassergehalt des Erntegutes kann es bei der Lagerung zu Schimmelbildung kommen. Die dadurch entstehenden Pilztoxine können die Tiergesundheit und Leistung negativ beeinflussen. Es ist darauf zu achten, dass der Wassergehalt der Körnerleguminosen bei der Einlagerung maximal 12 % beträgt. Dies ist durch eine ausreichend große Anzahl an Feuchtemessungen möglichst exakt abzusichern. Bei Körnerleguminosen sind innerhalb einer Erntepartie mitunter erhebliche Streuungen zu erwarten. Besonders gilt dies für ungleichmäßig abgereifte Bestände. Bei höheren Wassergehalten ist neben der Trocknung auch eine Feuchtkonservierung mit organischen Säuren praktikabel.
 
Ackerbohnen
 
Futterwert
Bei den Ackerbohnen kann zwischen buntblühenden und weißblühenden Sorten unterschieden werden, wobei die buntblühenden Sorten neben höheren Ernteerträgen auch höhere Rohprotein- und höhere Tanningehalte aufweisen als die weißblühenden. Allerdings schwanken die Inhaltsstoffe der Ackerbohnen zwischen Anbaujahren und Standorten ebenso wie zwischen Sorten. Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft ergaben im Anbaujahr 2004 Rohproteingehalte zwischen 26 und 34 %. Für eine gezielte Rationsgestaltung ist daher eine Analyse auf den Rohproteingehalt erforderlich. Neben der nasschemischen Weender Analyse kann eine Bestimmung der Inhaltsstoffe mit dem preiswerteren NIRS-Verfahren durchgeführt werden.
 
Ackerbohnen enthalten neben Rohprotein vor allem Stärke, so dass sie sowohl als Protein- als auch als Energieträger einzustufen sind. Der Energiegehalt ist mit 7,57 MJ NEL/kg dem des Weizens vergleichbar. Der Rohproteingehalt ist mit ca. 26 % in der Frischmasse mehr als doppelt so hoch wie der von Getreide. Der UDP-Anteil ist mit 15 % jedoch gering, was im Verhältnis zum Rohproteingehalt zu einem relativ niedrigen nXP-Gehalt in Verbindung mit einem hohen RNB-Wert führt.
 
Die  Abbaurate der Nährstoffe im Pansen ist insgesamt hoch, bei tanninreichen Sorten jedoch reduziert. Innerhalb von 8 Stunden beträgt sie bei buntblühenden Sorten 60 %, bei den tanninärmeren, weißblühenden Sorten ca. 70 %. In der Praxis führt dies jedoch nicht zu einer Erhöhung der Milchleistung und Milcheiweißbildung.
 
Einsatzempfehlungen
Im Rahmen einer leistungsgerechten Rationsgestaltung sind Ackerbohnen für Milchkühe unter Beachtung der Empfehlungen zur Kohlenhydratversorgung problemlos einsetzbar. Die sekundären Inhaltsstoffe Vicin und Convicin beeinträchtigen den Einsatz in der Wiederkäuerfütterung nicht.
 
Aktuelle Fütterungsversuche mit den Sorten Samba und Valeria haben gezeigt, dass die höheren Tanningehalte von Samba die Futteraufnahme nicht beeinträchtigen, so dass die im Ackerbau robusten und ertragreicheren tanninhaltigen Sorten ohne Bedenken eingesetzt werden können. Zwar war die Gesamtverdaulichkeit der Nährstoffe in der tanninhaltigen Sorte reduziert, die Milchleistung wurde dadurch jedoch nicht beeinträchtigt.
Milcheiweiß und Milchharnstoffgehalt waren allerdings bei Verfütterung der tanninfreien Sorte Valeria höher (Tabelle 2), möglicherweise aufgrund des stabileren Pansenmilieus.

Tabelle_2_Effekte_tanninreicher_Ackerbohne.jpg

Erbsen
 
Futterwert
Bei den Erbsen kann ebenfalls zwischen buntblühenden und weißblühenden Sorten unterschieden werden, wobei die buntblühenden Sorten höhere Rohprotein- und geringere Stärkegehalte aufweisen als die weißblühenden. Von allen heimischen Körnerleguminosen enthalten Erbsen die höchsten Mengen an Kohlenhydraten, insbesondere in Form von Stärke und Zucker. Mit einem Gehalt von 22 % Rohprotein und 42 % Stärke in der Frischmasse gelten sie in gleicher Weise als Protein- und Energieträger. Allerdings sind die Schwankungen zwischen Sorten, Standorten und Anbaujahren groß und insbesondere in nassen und kühlen Sommern kann aufgrund einer verringerten Stickstoffaufnahme der Rohproteingehalt unter 18 % liegen (Daniel, 2002). Wie bei Ackerbohnen ist die Abbaubarkeit der organischen Substanz hoch. Innerhalb eines halben Tages werden bis zu 80 % der Nährstoffe im Pansen abgebaut; der UDP-Anteil beträgt nur 15 %.

Einsatzempfehlungen
Erbsen sind nach den Ergebnissen verschiedener Fütterungsversuche bei Beachtung der Empfehlungen zur Rationsgestaltung problemlos einsetzbar. Die in den Erbsen enthaltenen sekundären Inhaltsstoffe wie Tannine und Proteaseinhibitoren beeinträchtigen die Einsetzbarkeit in der Wiederkäuerfütterung nicht.
 
Der Beitrag zur nXP-Versorgung reicht allerdings für  höhere Leistungen nicht aus und die Ration muss mit weiteren Proteinträgern ergänzt werden. Aufgrund der großen Schwankungen in den Inhaltsstoffen sollte bei höheren Einsatzmengen eine Rationsberechnung nur auf Grundlage einer Futteranalyse erfolgen. Insbesondere ist auch auf den Gehalt an leicht fermentierbaren Kohlenhydraten (unbeständige Stärke und Zucker) in der Gesamtration (maximal 250 g/kg TM) zu achten.
 
Lupinen
 
Futterwert
In der Fütterung werden bitterstoffarme, sogenannte Süßlupinen, eingesetzt. Aufgrund der Anfälligkeit für die Pilzkrankheit Anthraknose werden aktuell Weiße und Gelbe Lupinen trotz ihres höheren Rohproteingehaltes nur noch in geringem Umfang angebaut. Die folgenden Angaben beziehen sich daher auf die Blauen Lupinen. Die Inhaltsstoffe der Gelben und Weißen Lupinen können der UFOP-Praxisinformation „Inhaltsstoffe, Futterwert und Einsatz von Lupinen in der Nutztierfütterung“ entnommen werden.
 
Im Vergleich zu Erbsen und Ackerbohnen weisen Blaue Lupinen einen höheren Rohprotein- und einen nur relativ geringen Stärkegehalt auf. Trotz eines höheren Rohfasergehaltes ist ihr Energiegehalt mit 7,84 MJ NEL/kg höher als der anderer Körnerleguminosen. Dies beruht auf dem hohen Rohfettgehalt von ca. 5 % und der hohen Rohfaserverdaulichkeit. Die Abbaubarkeit der Nährstoffe im Pansen ist im Vergleich zu Erbsen und Ackerbohnen etwas geringer; der UDP-Anteil liegt bei 20 %. Mit durchschnittlich 187 g nXP pro kg Frischmasse ist der Gehalt an nutzbarem Rohprotein höher als bei den anderen heimischen Körnerleguminosen. Jedoch auch hier sind die Schwankungen in den Inhaltsstoffen hoch, so dass für eine gezielte Rationsplanung eine Futteranalyse erforderlich ist.
 
Einsatzempfehlungen
Lupinen mit einem Gesamtalkaloidgehalt von unter
0,05 % sind nach den Ergebnissen verschiedener Fütterungsversuche im Milchleistungsfutter gut einsetzbar. In aktuellen Fütterungsversuchen wurden Milchleistungsfutter mit einem Anteil von 45 % Blauen Lupinen bis zu 4 kg je Kuh und Tag problemlos aufgenommen. Bei höheren Einsatzmengen von Lupinen in der TMR sollte die Futteraufnahme beobachtet werden (Engelhardt et al., 2005).
 
Verfahren zur Reduzierung der Proteinabbaurate im Pansen
 
Um Geschwindigkeit und Ausmaß des Proteinabbaus der Futtermittel im Pansen zu vermindern, können unterschiedliche Behandlungsverfahren eingesetzt werden. Bei Futtermitteln für den ökologischen Landbau werden physikalische Behandlungsverfahren angewendet, bei denen in erster Linie Druck und Hitze auf den Rohstoff einwirken und die Proteinstruktur verändern.
 
Beim Toasten handelt es sich um eine Behandlung des Futters mittels Wasserdampf und Temperatur. Unter atmosphärischem Druck beträgt die Temperatur während des Toastens 100 °C, in Druckbehältern bis 140 °C. Die Behandlungsdauer kann variieren.
 
Als Rösten wird eine trockene Wärmebehandlung mittels Strahlung oder direkter Erwärmung bezeichnet. Es können mehrere Verfahren unterschieden werden: In der Rösttrommel bzw. dem Flachbettröster wirken trockene Hitze oder Dampf auf die Futtermittel ein. Bei einer Behandlungsdauer von 2–5 Minuten werden Austrittstemperaturen von 110–145 °C erreicht. Das Jet Sploder Verfahren ist eine trockene Wärmebehandlung. Bei Kerntemperaturen von 90 bis 95 °C schwellen und platzen die Körner. Die Behandlungsdauer variiert in Abhängigkeit von der Behandlungstemperatur.
 
Beim Mikronisieren werden die Futtermittel zunächst in Wasser gequollen und anschließend bei 140 °C Oberflächentemperatur für ca. 50 bis 90 Sekunden erhitzt. Eine anschließende Nachreifung im Reifetank bewirkt eine weitere Reduzierung der Proteinlöslichkeit.Extrudieren umfasst eine Verdichtung vorkonditionierter Futtermittel mittels Schnecken vor einer Ringspaltöffnung. Nach dem Austritt des Futters entspannt sich das Material schlagartig, was zu einer Veränderung der Proteinstruktur führt. Die Behandlungszeit variiert zwischen 30 und 150 Sekunden bei Temperaturen
zwischen 80 und 200 °C.
 
Expandieren entspricht im Wesentlichen dem Extrudieren bei kürzerer Behandlungsdauer (5 bis 7 Sekunden) und höherem Druck (10–40 bar). Die Temperaturen liegen zwischen 90 und 140 °C.
 
Die unterschiedlichen Temperaturen, atmosphärischen Drücke und Behandlungsdauern der einzelnen Verfahren führen zu einem unterschiedlichen Grad des Proteinschutzes. Daher sollte für jedes behandelte Futtermittel der tatsächlich erreichte Gehalt an nXP und UDP bei der Rationsberechnung berücksichtigt werden. In den letzen Jahren sind eine Reihe von Fütterungsversuchen durchgeführt worden, um die Auswirkungen entsprechender Behandlungen auf die Proteinverfügbarkeit von Körnerleguminosen zu prüfen. Dabei wurden sowohl Futteraufnahme und Parameter der Milchleistung, als auch Untersuchungen zur Auswirkung von Behandlungen auf den Nährstoffabbau im Pansen untersucht.
 
Ackerbohnen
Ackerbohnen wurden einer Expanderbehandlung unterzogen. Dabei wurde der Gehalt an nutzbarem Rohprotein bei einer angenommenen Pansenpassagerate von 8 % pro Stunde von 205 g auf 221 g pro kg Trockenmasse gesteigert. In einem anschließenden Fütterungsversuch ergaben sich jedoch keine Effekte auf Futteraufnahme, Milchmenge und Milcheiweißgehalt. Der Milchfettgehalt wurde durch die Behandlung leicht gesenkt. Aktuell kann eine Expanderbehandlung von Ackerbohnen daher nicht empfohlen werden (Bissinger et al., 2005).
 
Erbsen
Um die Geschwindigkeit des Nährstoffabbaus im Pansen zu reduzieren, wurden Erbsen gequetscht, im Jet-Sploder-Verfahren geröstet und expandiert (Opticon®-Verfahren). Durch das Quetschen wurde im Vergleich zur Vermahlung die ruminale Abbaurate reduziert und der pH-Wert stabilisiert. Die Milchleistung wurde zwar durch das Behandlungsverfahren nicht beeinflusst, allerdings wurde bei freier Wahl beider Rationen die gröbere Erbsenstruktur bevorzugt.
 
Rösten im Jet-Sploder-Verfahren bzw. Expandieren im Opticon®-Verfahren führte zu einer Reduzierung der ruminalen Proteinabbaurate bzw. zu einer Erhöhung des Gehalts an nutzbarem Rohprotein, wobei das Ausmaß des Proteinschutzes zwischen Versuchen schwankte. Durch das Jet-Sploder-Verfahren wurde die Milchleistung bei gleicher Futteraufnahme zum Teil signifikant erhöht. Die Behandlung mit dem Opticon®-Verfahren führte tendenziell zu einer Steigerung der Milchleistung bei gleichzeitig höherer Futteraufnahme (Tabelle 3). Inwieweit diese Verfahren betriebswirtschaftlich sinnvoll sind, hängt von den jeweiligen Behandlungs- und den notwendigen Transportkosten ab.
 
Bei Erbsen waren nur in einer Untersuchung gesicherte Mehrleistungen durch die Behandlung nachzuweisen. Untersuchungen der Gärsäuremuster im Pansen zeigen, das positive Effekte eher auf eine bessere Energieversorgung als auf eine bessere Eiweißversorgung zurückzuführen sind.

Tabelle_3_Effekte_bahandelte_Erbsen.jpg

Lupinen
Auch bei Lupinen wird der pH-Wert im Pansen durch das Quetschen im Vergleich zur Vermahlung tendenziell stabilisiert und die Verdaulichkeit der Rohfaser verbessert. Auf die Milchleistung hatte die Zerkleinerungsart jedoch keinen Effekt.
 
Durch eine Expanderbehandlung im Opticon®-Verfahren bzw. durch Toasten (Lupitherm®) kann die ruminale Abbaurate reduziert werden. Aktuelle Untersuchungen weisen eine Erhöhung des UDP-Anteils um 20 %-Punkte nach, wobei jedoch zwischen Chargen Differenzen auftreten, so dass für eine sichere Rationsgestaltung Angaben zu nXP-Gehalten und UDP-Anteilen vorliegen müssen. Durch diese Verfahren können nXP-Gehalte von mehr als 230 g pro kg Lupinen erreicht werden. Daher ist auch bei hohen Leistungen eine ausreichende Proteinversorgung gewährleistet. In Fütterungsversuchen wurde durch die hydrothermische Behandlung bei unveränderter Futteraufnahme eine signifikante Steigerung der Milchleistung über den gesamten Verlauf der Laktation nachgewiesen (Tabelle 4).

Tabelle_4_Effekte_hydrothermische_Bahandlung.jpg

Preiswürdigkeit
 
Die Preiswürdigkeit von Futtermitteln für die Milchviehfütterung wird maßgeblich von ihrem Gehalt an Energie (MJ NEL) und nutzbarem Rohprotein (nXP) bestimmt. Im ökologischen Landbau werden am häufigsten die Blauen Lupinen als Proteinkomponente  eingesetzt. Deshalb werden bei der Bewertung der Preiswürdigkeit von Ackerbohnen und Erbsen diese als Vergleichskomponente herangezogen. Da die Behandlung von Ackerbohnen in aktuellen Fütterungsversuchen trotz der Erhöhung des UDP-Gehaltes nicht zu einer Steigerung der Milchleistung geführt hat, werden diese nur in Bezug auf ihren natürlichen nXP-Gehalt bewertet. Erbsen werden ebenfalls nur nach ihrem natürlichen nXP-Gehalt bewertet, da die Steigerung der Milchleistung in den Fütterungsversuchen offensichtlich nicht auf eine verbesserte Proteinversorgung zurückzuführen ist. Die hydrothermische Behandlung von Blauen Lupinen führt dagegen zu einer gesteigerten Milchleistung, so dass die Preiswürdigkeit von behandelten und unbehandelten Lupinen verglichen wird. Die Preiswürdigkeit von Futtermitteln mit ähnlichen Inhaltsstoffen wird überschlägig mit der Austauschmethode nach LÖHR ermittelt. Da die Leguminosen  außer  Protein auch  hohe Energiegehalte  aufweisen, ersetzen sie neben der Proteinkomponente auch Getreide, so dass Weizen (siehe Tabelle 1) als weiteres Vergleichsfuttermittel herangezogen wird.
 
Ackerbohnen
Ein kg Ackerbohnen ersetzt 0,76 kg Blaue Lupinen und 0,21 kg Weizen. Bei Preisen von 17,00 € für 1 dt Weizen und 21,00 € für 1 dt Blaue Lupinen dürfen 100 kg Ackerbohnen maximal 19,44 € kosten. Liegen Ackerbohnen über diesem Preis, ist die Kombination aus Blauen Lupinen und Weizen betriebswirtschaftlich sinnvoller. Die Preiswürdigkeit von Ackerbohnen bei unterschiedlichen Preisen für Blaue Lupinen und Weizen kann der Tabelle 5 entnommen werden.

Tabelle_5_preiswuerdigkeit_Ackerbohnen.jpg

Erbsen
Ein kg Erbsen kann 0,61 kg Blaue Lupinen und 0,35 kg Weizen ersetzen. Bei Preisen von 17,00 € pro dt Weizen und 21,00 € pro dt Blaue Lupinen dürfen 100 kg Erbsen maximal 18,74 € kosten. Die Preiswürdigkeit von Erbsen bei unterschiedlichen Preisen für Blaue Lupinen und Weizen kann der Tabelle 6 entnommen werden.

Tabelle_6_Preiswuerdigkeit_Erbsen.jpg

Ein kg Erbsen kann nach Energie und nXP Gehalt durch 0,81 kg Ackerbohnen und 0,18 kg Weizen ersetzt werden. Bei einem mittleren Weizenpreis von 17,00 € dürfen Erbsen ca. 0,20 bis 1,00 € pro dt teurer sein als Ackerbohnen, um einsatzwürdig zu sein.
 
Bei gleichem Weizenpreis rechtfertigen Blaue Lupinen dagegen einen Mehrpreis von ca. 2,50–4,00 €/dt.
 
Blaue Lupinen
Unbehandelte Blaue Lupinen haben im Mittel einen Gehalt von 187 g nXP pro kg Futtermittel. Durch eine hydrothermische Behandlung kann der nXP-Gehalt auf Werte von mehr als 230 g nXP erhöht werden. Nach aktuellen Fütterungsversuchen schlägt sich dies in einer besseren Proteinversorgung von Hochleistungskühen nieder, die mit einer entsprechenden Erhöhung der Milchleistung reagieren. Daher ist bei Blauen Lupinen aus produktionstechnischer Sicht eine Behandlung für hochleistende Kühe in der Regel sinnvoll. Die Preiswürdigkeit von Blauen Lupinen hängt im Wesentlichen von ihrem Gehalt an nutzbarem Rohprotein ab.
 
Die Preiswürdigkeit von unbehandelten Blauen Lupinen im Vergleich zu Erbsen und Ackerbohnen ist den Tabellen 5 und 6 zu entnehmen. Die Behandlung ist jedoch aufgrund des Verfahrens und der notwendigen Transporte zu den Behandlungsanlagen teuer, so dass die Preiswürdigkeit in Abhängigkeit vom erreichten nXP-Gehalt und im Vergleich zu unbehandelten Blauen Lupinen aufgezeigt wird (Tabelle 7).

Tabelle_7_Preiswuerdigkeit_blaue_Lupinen.jpg

Bei einem Preis für unbehandelte Blaue Lupinen von 21,00 € und Weizen von 17,00 € pro dt dürfen 100 kg Blaue Lupinen mit einem nXP-Gehalt von 225 g pro kg Futtermittel 25,21 € kosten. Erhöht sich durch die Behandlung der nXP-Gehalt auf 235 g, ist ein Preis von 26,32 € vertretbar. Diese Preise schließen neben der Behandlung auch mögliche Transportkosten mit ein und sind nur dann gerechtfertigt, wenn die angegebenen nXP Gehalte tatsächlich erreicht werden. Bei höheren Preisen ist der Einsatz unbehandelter Lupinen betriebswirtschaftlich sinnvoller.
 
Aufgrund des hohen Energiehalts der Blauen Lupine spielt auch der Weizenpreis eine wesentliche Rolle. Bei steigenden Weizenpreisen verringert sich die betriebswirtschaftliche Vorzüglichkeit der Behandlung für Kühe mit mittleren Leistungen, da der Energiegehalt im Vergleich zum Proteingehalt an Bedeutung gewinnt. Bei hochleistenden Herden ist aber eine Verringerung der ruminalen Abbaurate zu empfehlen, um eine Leberbelastung durch eine hohe RNB zu vermeiden.